Neue Berichtspflicht – von Überfliegern und Startschwierigkeiten

Seit 2025 ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der CSRD-Pflicht – zumindest für rund die Hälfte aller Kliniken. Während viele Häuser noch um personelle und strukturelle Ressourcen ringen, zeigen andere, wie die Umsetzung gelingen kann.  

Die Umsetzung der CSRD-Richtlinie birgt einige Herausforderungen. kma hat Kliniken gefragt, ob der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den langfristigen Nutzenpotenzialen steht.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stellt ab 2025 zahlreiche Kliniken vor die Herausforderung, verpflichtend über Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten. Im Sommer 2024 beleuchtete kma bereits die Einschätzungen von Experten aus Verbänden und Beratungsunternehmen. Doch wie sieht die Realität in den Kliniken aus?

Um dies herauszufinden, hat kma zahlreiche Häuser kontaktiert. Bereits hier zeigt sich: Nicht alle verfügen über die nötigen finanziellen und personellen Kapazitäten für die neuen Berichtspflichten oder sind zumindest nach außen hin begrenzt auskunftsfähig. Berichtet wird auch über pausierte Nachhaltigkeitsprojekte auf Basis der unsicheren politischen Lage. Denn übertragen ins deutsche Recht ist die CSRD aufgrund der anstehenden Neuwahlen noch nicht.  

Unfallkrankenhaus Berlin ist Vorreiter  

Das BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) ist eines der Häuser, die frühzeitig die Bedeutung der CSRD erkannt und entsprechende Strukturen geschaffen haben. Bereits im Dezember 2022 wurde in der Holding der BG Kliniken die Stabsstelle Nachhaltigkeit eingerichtet, koordiniert von ukb-Geschäftsführer Christian Dreißigacker.

Mit der konzernweiten Nachhaltigkeitsstrategie und Besetzung der neu geschaffenen Referentenstelle durch Annegret Dickhoff wurden 2023 gleich zwei zentrale Schritte zur Umsetzung der CSRD-Anforderungen getan. Eine Arbeitsgruppe Klima moderiert zudem standortübergreifend die Strategieumsetzung und soll gewährleisten, dass die CO2-Emissionen stetig reduziert und Kosten gesenkt werden. Finanziert werden Stabsstelle und Klimamanager über den Konzern.  

Software für ESG-Daten

Die nächsten Schritte sind auch schon in der Umsetzung. Anfang 2025 wurde eine Software eingeführt, um die Erfassung und Verarbeitung von ESG-Daten zu optimieren, wie Dickhoff berichtet. Bereits jetzt liegt eine erste Wesentlichkeitsanalyse vor, die mit relevanten Stakeholdern durchgeführt wurde. Diese werde im kommenden Jahr erweitert und durch die Software unterstützt. Im Bereich Risikomanagement erfolgt eine Integration der ESG-Faktoren in das bestehende System.

Das ukb erweitert – wie alle Standorte der BG Kliniken – zudem sein Energiemanagementsystem (DIN EN ISO 50001), um Nachhaltigkeitsaspekte systematisch einzubinden. Den Berlinern ist außerdem die Zusammenarbeit mit externen Wirtschaftsprüfern zur Qualitätssicherung der Berichterstattung wichtig. Über die eigenen Häuser hinaus engagieren sich die BG Kliniken auch auf Netzwerkebene: Im Rahmen von ZUKE green leitete Dickhoff eine Arbeitsgruppe zur Erstellung von Wesentlichkeitsanalysen.  

Längst nicht jede Klinik ist vorbereitet 

So weit wie die Berliner sind längst nicht alle Häuser. Eine von der Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG) durchgeführte Umfrage unter 367 Kliniken hat im September 2024 den Umsetzungsstand der CSRD-Anforderungen untersucht. Darin wird deutlich, dass sich erst die Hälfte der Krankenhäuser überhaupt mit dem Thema befasst hat. Noch düsterer wird die Prognose bei der Frage, ob die Kliniken glauben, bis zum vorgeschriebenen Termin 2026 einen Nachhaltigkeitsbericht für 2025 erstellen zu können. Hier geben ein Drittel der Befragten an, wenig bis überhaupt nicht zuversichtlich zu sein.

Holprige Aussichten 

Als Ursache nennen die Krankenhäuser ihre Personalsituation. Rund 45 Prozent der Häuser haben die Aufgaben der Berichterstattung Teilen der Belegschaft zugeordnet, die eigentlich schon andere Aufgaben haben. Diese Zahl deckt sich auch mit einer Erhebung der SozialGestaltung GmbH, in der 42 Prozent der Kliniken angegeben haben, kein neues Personal zur Erfüllung der Berichtspflichten eingestellt zu haben – oder überhaupt einstellen zu können. Ebenfalls haben laut DKTIG-Umfrage rund 20 Prozent der Häuser noch gar keine personellen Festlegungen hinsichtlich der neuen Aufgaben getroffen.  

Eine nachhaltige Transformation erfordert personelle Ressourcen sowie eine strategische und inhaltliche Ausrichtung in der Unternehmensphilosophie. 

Zu Beginn des ersten Pflichtberichterstattungsjahrs 2025 steht die Klinikbranche vor erheblichen Herausforderungen. Sowohl die Erfahrungen aus Berlin als auch die Umfrageergebnisse der DKTIG unterstreichen die Notwendigkeit gezielter Unterstützung, wenn die CSRD anforderungsrecht und rechtzeitig umgesetzt werden soll. „Eine nachhaltige Transformation erfordert personelle Ressourcen sowie eine strategische und inhaltliche Ausrichtung in der Unternehmensphilosophie“, plädiert René Schubert, Geschäftsführer der DKTIG.

Gleichzeitig wächst der Markt an Softwarelösungen und Beratungsangeboten, die speziell auf die Anforderungen von Kliniken zugeschnitten sind. Auch der persönliche Austausch zwischen den einzelnen Häusern nimmt zu – und das ist essenziell, damit auch finanzschwächere Kliniken in die Umsetzung kommen. Letztlich geht es um mehr als einen Verwaltungsakt: Die neuen Anforderungen bieten Potenzial, um Verbesserungen anzustoßen und Nachhaltigkeit stärker in die strategische Ausrichtung der Kliniken zu integrieren.  

Quelle: Lisa-Marie Hofmann 2025. Thieme