Aktionsbündnis – Klagen Berlins Krankenhäuser bald gegen das Land?

Berlin unterstützt seinen eigenen Krankenhauskonzern Vivantes jährlich mit Millionen. Ein Bündnis aus 30 Kliniken wirft dem Land jetzt vor, die Wettbewerbssituation dadurch massiv zu verzerren. Sollte sich das nicht ändern, wollen die Häuser klagen.

In der Berliner Krankenhauslandschaft rumort es – und das schon seit dem vergangenen Jahr. Anfang 2022 hatten Vertreter und Vertreterinnen sowohl privater als auch frei-gemeinnütziger Kliniken einen Brandbrief an die damalige Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) geschickt. Jetzt – Mitte 2023 – haben sich rund 30 Krankenhäuser aus Berlin unter der Führung der DRK Kliniken Berlin als Aktionsbündnis „Ein gesundes Berlin – nicht ohne uns!“ zusammengeschlossen. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, in den nächsten Wochen eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen. 

Das Bündnis kämpfe für die finanzielle Gleichbehandlung aller Krankenhausträger, so Dr. Christian Friese, Vorsitzender der Geschäftsführung der DRK Kliniken Berlin. In einem Gespräch mit der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, Dr. Ina Czyborra am 24. Juli habe man sehr klar gemacht, dass die millionenschweren finanziellen Sonderzahlungen an den landeseigenen Klinikkonzern Vivantes einem fairen Wettbewerb entgegenstünden.

Hintergrund

Berlins 61 Plankrankenhäuser verfügen über etwa 21 000 Betten. Darunter sind auch die beiden landeseigenen Betriebe, die Charité und der Vivantes Klinikkonzern, der mit seinen Kliniken etwa ein Drittel der stationären Patientinnen und Patienten der Hauptstadt versorgt. Alle 61 Häuser, egal ob staatlich, privat, gemeinnützig oder konfessionell haben als Plankrankenhäuser Anspruch auf öffentliche Gelder für Bauten und Technik und finanzieren sich über eben jene staatliche Investitionsförderung und über Behandlungshonorare. 

Der Klinikkonzern Vivantes hatte zwischen 2019 bis 2022 zusätzlich zu den regulär vorgesehenen Investitionsmitteln, weitere 515,05 Millionen Euro erhalten. Im Haushalt 2023 sind als Defizitausgleich und für weitere Investitionen nochmals 224,9 Millionen Euro vorgesehen.

Gesundheitssenatorin will Klageschrift prüfen

„Seit Jahren kämpfen wir für eine finanzielle Gleichbehandlung und appellieren heute ein letztes Mal an das Land Berlin, diesen Zustand der massiven Wettbewerbsverzerrung zu verändern. Andernfalls sehen wir uns gezwungen, in den nächsten Wochen eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen,“ sagt Dr. Christian Friese, Vorsitzender der Geschäftsführung der DRK Kliniken Berlin. 

Gesundheitssenatorin Dr. Ina Czyborra äußerte sich auf Nachfrage von kma wie folgt: „Mir ist ein gemeinsamer Weg wichtig. Wir wollen in unserer Stadt gemeinsam mit privaten, freigemeinnützigen und kommunalen Krankenhäusern die Gesundheitsversorgung flächendeckend sicherstellen, so dass sie für alle Berliner und Berlinerinnen niedrigschwellig zur Verfügung stehen kann. Das geht nur mit allen gemeinsam. Wir hören die Botschaft genau, prüfen die Klageschrift – und das im gesamten Senat. Wir werden zudem alle Instrumente der Finanzierung prüfen.“ 

Wir hören die Botschaft genau, prüfen die Klageschrift – und das im gesamten Senat. Wir werden zudem alle Instrumente der Finanzierung prüfen. 

Bei Klageeinreichung müsste das Verwaltungsgericht prüfen, inwiefern die zusätzlichen Leistungen in Hinblick auf das Grundgesetz (Berufsfreiheit und Gleichbehandlungsgrundsatz), das EU-Beihilferecht, das Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Vorgaben zur Haushaltsplanung rechtens sind.

Der Vorwurf

Berlin unterstützt den landeseigenen Klinikkonzern Vivantes mit Zahlungen in Millionenhöhe und gleicht entsprechende Verluste aus. Finanziert werde das aus Steuermitteln, wie das Bündnis kritisiert. Die Mittel lägen zudem deutlich über den regulären Investitionsmitteln des Landes, die für alle Berliner Kliniken zur Verfügung stehen. 

Hingegen kämpften die frei-gemeinnützigen und privaten Krankenhäuser regelmäßig um die ihnen gesetzlich zustehenden Investitionsmittel, so das Bündnis. Durch diese unterschiedliche finanzielle Behandlung werde der Wettbewerb – in dem sich alle Kliniken messen lassen müssen – verzerrt. Gleichzeitig gerate die Trägerpluralität in Gefahr, ergänzen die Bündnismitglieder.

Beteiligte des Bündnisses

  1. Friedrich von Bodelschwingh-Klinik
  2. Caritas-Klinik Maria Heimsuchung Berlin Pankow Caritas Gesundheit Berlin
  3. Caritas-Klinik Dominikus Berlin-Reinickendorf Caritas Gesundheit Berlin
  4. DRK Kliniken Berlin Köpenick
  5. DRK Kliniken Berlin Mitte
  6. DRK Kliniken Berlin Westend
  7. DRK Kliniken Berlin Wiegmann Klinik
  8. Wichernkrankenhaus Johannesstift Diakonie
  9. Evangelisches Krankenhaus Hubertus Johannesstift Diakonie
  10. Evangelische Lungenklinik Johannesstift Diakonie
  11. Evangelische Waldkrankenhaus Spandau Johannesstift Diakonie
  12. Evangelische Elisabeth Klinik Johannesstift Diakonie
  13. Evangelisches Geriatriezentrum Berlin Johannesstift Diakonie
  14. Martin Luther Krankenhaus Johannesstift Diakonie
  15. Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe
  16. Immanuel Krankenhaus Berlin
  17. Jüdisches Krankenhaus Berlin
  18. Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge
  19. Krankenhaus Waldfriede Berlin-Zehlendorf
  20. Malteser-Krankenhaus Berlin-Charlottenburg Caritas Gesundheit Berlin
  21. Sana Paulinenkrankenhaus
  22. Sankt Gertrauden-Krankenhaus
  23. Alexianer St. Hedwig-Krankenhaus
  24. St. Joseph Krankenhaus Berlin Tempelhof
  25. Kliniken im Theodor-Wenzel-Werk
  26. Park-Klinik Weißensee
  27. Sana Klinikum Lichtenberg
  28. Schlosspark-Klinik
  29. Alexianer St. Joseph Berlin-Weißensee

Quelle: DRK Kliniken Berlin/hnle