Der Bremer Klinikverbund Gesundheit Nord steht wirtschaftlich seit Jahren unter Druck. Nun steht dem kommunalen Verbund ein großer Umbau bevor, ein Standort wird geschlossen. Wie Geno-Chefin Dorothea Dreizehnter Bremens größten Klinikträger mit einer Rosskur retten will.
Ab 2027 soll der kriselnde Bremer Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) im operativen Geschäft wieder schwarze Zahlen schreiben. Das stellt die Vorsitzende der Geschäftsführung Dorothea Dreizehnter in Aussicht. Dafür muss der Traditionsbetrieb aber gründlich umgebaut und das Klinikum Links der Weser geschlossen werden. Der Aufsichtsrat des kommunalen Bremer Klinikverbunds hat hierfür inzwischen grünes Licht gegeben.
Ein Klinikum schließen und ein anderes ausbauen
Das Restrukturierungskonzept sieht vor, die stationären Bereiche des Klinikums, zu denen auch das Herzzentrum gehört, in das Klinikum Bremen-Mitte zu verlegen. „Das Klinikum Bremen-Mitte wird durch diese Verlagerung ein echter Maximalversorger, ein Krankenhaus, das alle Fachrichtungen anbietet und damit wirklich jede Erkrankung, jeden Notfall behandeln kann“, sagte Bremens Gesundheitssenatorin und Aufsichtsratsvorsitzende Claudia Bernhard (Linke). Zur Geno gehören bislang, neben Bremen-Mitte und dem Klinikum Links der Weser, auch die Kliniken Bremen-Nord und Bremen-Ost.
Das Klinikum Bremen-Mitte wird durch diese Verlagerung ein echter Maximalversorger.
Künftig besteht der norddeutsche Klinikverbund damit noch aus drei Standorten. Der Umzug ist für das Jahr 2028 geplant. Bis Ende 2027 werde das Klinikum Links der Weser in allen dort vorhandenen Abteilungen bestehen bleiben, heißt es.
Kritik an neuen Versorgungsstrukturen
Die Geno begründet die Zusammenlegung vor allem mit äußeren Faktoren, wie Fachkräftemangel, fehlenden Investitionsmöglichkeiten und immer strengeren Qualitätsvorgaben. Diese Entwicklung mache Strukturveränderungen notwendig. Immerhin sei die Gesundheit Nord damit bundesweit einer der ersten kommunalen Klinikverbünde, der auf die veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen tatsächlich mit einer umfassenden Restrukturierung reagierten, betont Dreizehnter. Mit dem Konzept wolle sie den Klinikverbund in eine stabile wirtschaftliche Zukunft führen.
Künftig könnten Schwerkranke in Bremen noch besser versorgt werden, weil alle hochspezialisierten Bereiche im Klinikum Bremen-Mitte unter einem Dach arbeiten, argumentiert sie. Auch für die Beschäftigten würden sich Verbesserungen ergeben, „weil wir größere und stabilere Stationsteams bilden können“. langfristig, so Dreizehnter, werde die Geno so wieder zu einem attraktiveren Arbeitgeber.
Dagegen reagiert die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit völligem Unverständnis. Verdi-Geschäftsführer Markus Westermann forderte bereits den Stopp der Pläne. Die Versorgungsstrukturen sollten unter Einbeziehung von Bevölkerung und Beschäftigten weiterentwickelt werden.
Bremen steht unter Druck
Doch nach jahrelangen Debatten und Auseinandersetzungen war dem Bremer Traditionskonzern zuletzt die Zeit davongelaufen: Obwohl die Bremer Bürgerschaft immer wieder half, hatten die vier Häuser in den vergangenen Jahren massive Defizite angehäuft. Für 2023 plant die Geno nach eigenen Angaben ein Minus von 18 Millionen Euro ein. Im Januar erst hatte der Bremer Senat beschlossen, den Betriebsmittelkredit für die Gesundheit Nord zu verlängern und aufzustocken.
Mit der Verlängerung des Betriebsmittelkredits halten wir der Gesundheit Nord den Rücken frei, bis der Bund im Sommer seine Ideen für eine Reform der Krankenhausfinanzierung vorgelegt hat.
„Mit der Verlängerung des Betriebsmittelkredits halten wir der Gesundheit Nord den Rücken frei, bis der Bund im Sommer seine Ideen für eine Reform der Krankenhausfinanzierung vorgelegt hat“, kommentierte Finanzsenator Dietmar Strehl im Frühjahr. Die Gesundheit Nord wisse aber, dass sie sich verändern muss. Die Gesundheitssenatorin hatte ein Gutachten in Auftrag gegeben zur Krankenhausversorgung 2030 – auch dieses empfiehlt angesichts von sinkenden Bedarfen eine stärkere Spezialisierung und Konzentration von Leistungen und Angeboten.
Hintergrund
Zuletzt hatte der Aufsichtsrat im März beschlossen, nahezu jedes vierte Bett zu streichen. Schon heute könnten Betten nur noch in dieser Größenordnung tatsächlich belegt werden, argumentieren die Befürworter einer Zentralisierung. Mit immer neuen Hiobsbotschaften hatte die Geno lokale Medien und Lokalpolitik über Jahre beschäftigt. Wenigstens in absehbarer Zeit – bis 2024 – solle Dreizehnter ein ausgeglichenes Ergebnis vorlegen, hatte die Bremer Gesundheitssenatorin und Aufsichtsratschefin Claudia Bernhard (Linke) öffentlich gefordert.
Und die Bürgerschaft verlor – sogar parteiübergreifend zunehmend die Geduld. Forderungen nach einer langfristig tragfähigen Lösung und organisatorischen Veränderungen wurden immer lauter. „Eine defizitäre Dauerlösung kann es für die Geno nicht geben“, befanden die Grünen. Der CDU fehlte „ein belastbares Gesamtkonzept“: Zu viele machten das Gleiche an allen Standorten.
Vorhandene Struktur führt immer wieder zu Problemen
Dass der kommunale Klinikkonzern mit seiner Struktur ringt, hat in Bremen schon fast Tradition: Die Organisationsstruktur, die zu so vielen Problemen führte, war überhaupt erst im Februar 2014 durch einen Senatsbeschluss geschaffen worden. Vorausgegangen war 2011 eine Beinahe-Insolvenz. Es folgten immer neue Sanierungsprogramme. Anfang 2018 gab der Senat über einen Nachtragshaushalt rund 205 Millionen Euro frei, um den Verbund zu stützen.
Durch die Verlagerung an das Klinikum Bremen Mitte entstünden auch neue medizinische Möglichkeiten, argumentiert nun Dreizehnter. So soll am Klinikum Bremen-Mitte eine große Intensivstation entstehen, die durch das größere Team eine höhere Personalstabilität gewährleisten und Ausfälle besser kompensieren könne.
Die Kapazitäten des Herzzentrums am neuen Standort sollen vergrößert werden. Geplant seien unter anderem zwei zusätzliche Herzkatheter Labore und ein zusätzlicher OP-Saal für herzchirurgische Eingriffe, teilte die Geno mit. Die Notaufnahme am Klinikum Bremen-Mitte werde umgebaut, neu strukturiert und vergrößert.
Schwarze Zahlen ab 2027
Niemand müsse um seinen Arbeitsplatz fürchten, betont außerdem Dreizehnter. Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben. Das komplette Restrukturierungskonzept soll bis 2032 umgesetzt sein, ab 2027 soll der Klinikverbund im operativen Geschäft wieder schwarze Zahlen schreiben. Als Gesellschafterin der Geno muss die Stadt Bremen den Plänen noch zustimmen und für die Verlagerung des Klinikbetriebs rund zehn Millionen Euro freigeben.
Quelle: Sabine Rößing (Freie Journalistin) 2023. Thieme