Mehr als 100 Kliniken in Bayern arbeiten gemeinsam an einer Plattform für Patientenportale, die neue Kommunikationsmöglichkeiten bietet. Im Mittelpunkt steht der Austausch von Untersuchungsergebnissen, wie etwa MRT-Aufnahmen oder Laborwerten.
Für Roland Engehausen ist es ein „Leuchtturmprojekt, das bundesweit ausstrahlt“. Rund 110 bayerische Kliniken planen eine gemeinsame interoperable Plattform für ihre Patientenportale, so der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG). Dabei soll es insbesondere darum gehen, Untersuchungsergebnisse auszutauschen – beispielsweise MRT-Aufnahmen und Laborwerte. Darüber hinaus sollen Patienten auch Termine online vereinbaren oder in Videosprechstunden oder Chats Fragen stellen können.
Teilnehmen werden zunächst rund 110 Kliniken, das ist etwa ein Drittel aller Krankenhäuser in Bayern. In einer Pilotphase stellen die ersten Kliniken das neue Online-Angebot abkommendem Sommer bereit, von Anfang 2025 an soll es dann bei allen teilnehmenden Kliniken verfügbar sein. Die Klinik IT Genossenschaft (KIG), die das Projekt mit organisiert, erwartet, dass Behandlungsabläufe nicht nur für die Patienten bequemer werden. Der Vorstand der Genossenschaft, Martin Gösele, setzt unter anderem auf Entlastung bei Verwaltungsarbeiten.
„Zukünftig können die Patienten digital Termine mit ihrer Klinik vereinbaren, vor der Aufnahme in ein Krankenhaus relevante Daten und Dokumente bereitstellen oder bei der Entlassung zur Anschlussheilbehandlung in der Auswahl des geeigneten Leistungserbringers unterstützt werden“, so Gösele. Das digitale Gesundheitswesen sei damit nicht länger Theorie. Die KIG koordiniert den Aufbau der interoperablen Plattform, die die Basis für die gemeinsame Patientenportallösung bildet.
Verbund soll Sicherheit vor Cyberkriminellen bieten
Sorgen, dass die Kliniken zusätzliche Angriffspunkte für Cyberkriminelle bieten, wenn sie sich Patienten stärker digital öffnen, seien unbegründet, sagt Stefan Schaller vom Erlanger Konzern Siemens Healthineers, der federführend die technische Umsetzung verantwortet. Schaller ist überzeugt, dass ein Verbund mehr Sicherheit bietet, als einzelne Krankenhäuser alleine für sich erreichen könnten.
Das Projekt sei vor allem durch das Krankenhauszukunftsgesetz möglich geworden, mit dem Bund und Länder bis zu 4,3 Milliarden Euro für die Modernisierung der Kliniklandschaft bereitstellen, erklären die Initiatoren. Der Bund und der Freistaat Bayern stellten den beteiligten Kliniken für das bayerische IT-Projekt einen „unteren zweistelligen Millionenbetrag“ zur Verfügung, erklärt die Klinik IT Genossenschaft. Genauer lasse sich die Summe nicht beziffern.
Erhebliche Vorteile für die Patienten
Durch die Bündelung könne auch der Support für das Patientenportal gewährleistet werden, was angesichts des Fachkräftemangels in den Kliniken kaum realisierbar sei, sagt Manfred Wendl, Vorstandsmitglied der Klinik Kompetenz Bayern (KKB), der die gemeinsame Ausschreibung koordiniert hat.
Die Portale für die Kliniken werden demnach auf einer sogenannten Interoperabilitätsplattform von Siemens Healthineers bereitgestellt, die den Patientenpfad in der Krankenhausbehandlung digital begleiten soll – von der Aufnahme der Patienten über die Behandlung bis zum Entlass-Management. Jedes Krankenhaus wird ein „Frontend“ zur Interaktion mit den Patienten erhalten, der IT-Betrieb findet standardbasiert und zentral statt. Für die Patienten habe dies auch erhebliche Vorteile. Sie könnten mit einer Benutzer-App beziehungsweise Benutzeroberfläche mit allen teilnehmenden Kliniken kommunizieren, ohne das System wechseln oder ihre Daten neu eingeben zu müssen, so Wendl.
„Die Digitalisierung von Prozessen und die technische Interoperabilität sind große Herausforderungen in jedem Krankenhaus“, betont Andreas Lange, der bei der KIG für die Strategie und Technologie verantwortlich ist. Mit dem gemeinsamen Aufbau und dem Betrieb der Plattform für die Patientenportale sei auf einen Schlag ein digitaler Verbund von rund 26 000 Betten entstanden, so Lange. Das Projekt sei in seiner Größenordnung und technologischen Ausrichtung wegweisend für den Krankenhaussektor.
Quelle: dpa/BKG/koj