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Deep Dive Digital – Nicht nur digitale Akte – die ePA kann viel mehr

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UrsprĂĽnglich als digitale Version der Papierakte gedacht, entwickelt sich die ePA nun zur zentralen Gesundheits-App fĂĽr alle. Aus einer digitalen Ablage wird so das HerzstĂĽck eines modernen Gesundheitswesens. Das mĂĽssen wir aber auch nutzen.

Peter Gocke ist seit 2017 Chief Digital Officer (CDO) der Berliner Charité. In dieser Funktion koordiniert er die digitale Transformation am größten Universitätsklinikum Europas.

Die Bezeichnung „Akte“ suggeriert etwas Statisches – ein Archiv, das man bei Bedarf durchblättert. Doch die ePA der nächsten Generation ist dynamisch: Sie bietet nicht nur strukturierten Zugriff auf medizinische Dokumente, sondern wird zunehmend zur Schaltzentrale für persönliche Gesundheitsinformationen. Impfstatus, Röntgenbilder, Laborwerte, Medikationspläne, Diagnosen, Operationen – alles gebündelt, sicher gespeichert und jederzeit abrufbar. 

Die ePA ist nicht mehr nur ein Ort des Speicherns, sondern auch des Handelns. 

Damit entsteht nicht nur ein vollständiges Bild der individuellen Krankengeschichte, sondern auch eine fundierte Basis für informierte Entscheidungen – sowohl für medizinisches Fachpersonal als auch für die Patientinnen und Patienten selbst. Wer in den letzten Wochen in der aktuellen ePA die dort automatisch eingestellte elektronische Medikationsliste einmal gesehen hat, erkennt sofort das immense Potenzial der ePA. Was früher mühsam, zeitaufwändig, fehleranfällig überwiegend und immer wieder manuell erfasst werden musste, steht jetzt klar lesbar und direkt abrufbar. Im Idealfall können die Informationen direkt in die Systeme der Krankenhäuser und Praxen übernommen werden. Dafür musste niemand etwas tun – jedes eRezept wird automatisch in diese Liste übertragen.

Mehr als nur Datenspeicherung

Die ePA ist nicht mehr nur ein Ort des Speicherns, sondern auch des Handelns. Schon heute können Patientinnen und Patienten entscheiden, welche Informationen sie freigeben und an welche Ärztinnen und Ärzte oder Institutionen. Künftig werden auch Funktionen wie elektronische Rezepte, digitale Überweisungen, Terminorganisation und Erinnerungsfunktionen integriert – alles in einer App, mit einem Login, datenschutzkonform und übergreifend nutzbar. 

Der TI-Messenger macht die ePA zu einem echten Kommunikationshub im Gesundheitswesen. 

Ein weiterer zentraler und sehr relevanter Baustein dieser Entwicklung ist der TI-Messenger: ein sicherer, standardisierter Kommunikationsdienst innerhalb der Telematikinfrastruktur. Mit ihm wird es möglich, dass Praxen, Kliniken, Apotheken und künftig auch Patientinnen und Patienten direkt und in Echtzeit miteinander kommunizieren können – sicher, DSGVO-konform und barrierearm. Statt auf Brief, Fax oder ungesicherte E-Mails angewiesen zu sein, wird medizinische Kommunikation endlich digital – etwa für die Terminabstimmung, schnelle Rückfragen zu Therapien oder die Übermittlung wichtiger Informationen. Der TI-Messenger ergänzt damit die ePA nicht nur funktional, sondern macht sie zu einem echten Kommunikationshub im Gesundheitswesen.

Nutzerzentriert, präventiv, vernetzt

Das Ziel der „ePA für alle“ ist nicht nur eine bessere Dokumentation, sondern ein echter Qualitätssprung in der Versorgung: Sie soll helfen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden, Wechselwirkungen von Medikamenten frühzeitig zu erkennen und durch vernetzte Informationen die Prävention zu stärken. Die neue Kommunikationsmöglichkeit über den TI-Messenger wird diesen Prozess beschleunigen und die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten verbessern.

Langfristig wird auch die medizinische Forschung profitieren – anonymisierte Daten aus der ePA könnten helfen, Therapien zu verbessern und Krankheiten früher zu erkennen. Gleichzeitig sorgen die volle Transparenz und Kontrolle durch die Nutzer und Nutzerinnen für Vertrauen und Selbstbestimmung.

Gesundheitswesen als Mitgestalter, nicht als Bremser

Damit die ePA für alle ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht es mehr als nur technische Infrastruktur – es braucht ein engagiertes Gesundheitswesen, das die digitale Transformation aktiv mitträgt. Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Apotheken, Krankenkassen und Kliniken dürfen die ePA nicht als zusätzliche Belastung oder Kontrollinstrument verstehen, sondern als Werkzeug zur besseren Versorgung, zur Entlastung im Alltag und zur Stärkung der Patientensouveränität.

Anstatt die Einführung mit Skepsis oder passivem Widerstand zu begleiten, sollte das Gesundheitswesen diese Entwicklung konstruktiv unterstützen: durch Mitgestaltung, durch praxisnahe Rückmeldungen – und durch den Willen, Prozesse neu zu denken. Digitalisierung im Gesundheitswesen ist kein Selbstzweck, sondern eine Antwort auf die steigende Komplexität, den Ressourcenmangel und den Anspruch der Menschen auf moderne, verlässliche Versorgung.

Fazit: Der Begriff „Akte“ greift zu kurz

Die „ePA für alle“ ist weit mehr als eine digitale Ablage: Sie ist das Herzstück einer modernen, digitalen Gesundheitsinfrastruktur. Mit neuen Funktionen wie dem TI-Messenger, der Integration digitaler Gesundheitsanwendungen und der stetigen Weiterentwicklung zur aktiven Kommunikations- und Serviceplattform wird aus der Akte eine umfassende Gesundheits-App für alle Bürgerinnen und Bürger. 

Failure is not an option  

Sie steht für mehr Transparenz, mehr Eigenverantwortung, mehr Sicherheit – und letztlich auch für mehr Effizienz und Menschlichkeit im Gesundheitswesen. Der Begriff „Akte“ stammt aus der Vergangenheit. Was wir heute aufbauen, ist die Grundlage für ein vernetztes, zukunftsfähiges Gesundheitssystem.

Der Erfolg der ePA – und ich bin sehr zuversichtlich, dass dieser Erfolg eintreten wird – erfordert ein konstruktives Miteinander. Andernfalls hätte nämlich nicht die Gematik, das BMG oder wen auch immer wir gerne für ein Scheitern verantwortlich machen wollen, versagt. Wir alle wären dann gescheitert. Die ePA ist eine Gemeinschaftaufgabe – und „failure is not an option“. Was der frühere Nasa-Flugdirektor Eugene F. Krantz für die Apollo-Missionen postulierte, gilt auch für die ePA.

Quelle: Peter Gocke 2025. Thieme

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