Im vergangenen Oktober hat Softwarehersteller SAP mit der Ankündigung des Endes der IT-Branchenlösung IS-H ernst gemacht. Eine Umfrage unter den betroffenen Kliniken zeigt jetzt: Die Hälfte der Teilnehmenden hat noch gar keine Alternative für die auslaufende Software.
Die IT-Abteilungen vieler Kliniken sehen sich auch ein halbes Jahr nach der Ankündigung des Softwarekonzerns SAP, die IT-Branchenlösung IS-H im Jahr 2027 einzustellen, mit Problemen konfrontiert. Das spiegelt die aktuelle Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) wider. Im Dezember 2022 hatten sich hier 55 Teilnehmende aus dem DSAG-Arbeitskreis Healthcare geäußert. Die Befragten vertreten Häuser mit insgesamt 133 224 Betten und forderten mehr Zeit für die Umstellung auf ein neues System.
Das SAP Patientenmanagement IS-H nutzen die Befragten unter anderem zur Patientenadministration und -abrechnung. „In vielen Kliniken und Krankenhäusern wird IS-H auch für weitere Zwecke verwendet, wie zum Beispiel für die Abrechnung außerhalb von Krankenhäusern, zur Dokumentation oder zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur und für Datenmeldungen. Diese Häuser trifft die neue SAP-Strategie noch härter“, so Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen & Public Sector.
Nur 13 Prozent arbeiten bereits an Alternativen
Rund 13 Prozent der Befragten gaben an, dass man bereits an der Ablösung der Software arbeite. Weitere 13 Prozent der Teilnehmenden bemühten sich bereits vor der Ankündigung von SAP um die Planung einer neuen Softwarelösung. 24 Prozent befassen sich jetzt aufgrund der SAP-Ankündigung damit. Die Hälfte der Teilnehmenden hatte zum Zeitpunkt der Umfrage allerdings noch gar keine Pläne zur Ablösung. Dabei hatte SAP schon 2015 bei der Einführung von S/4HANA auf die Endlichkeit von IS-H hingewiesen. Die von SAP hinterlassene Lücke können, laut SAP selbst, aber auch andere Anbieter schließen. Unter anderem die Telekom hatte am 14. März angekündigt, Ersatz für IS-H zu bieten.
Mehr Zeit und kostenfreie Wartung nach 2027 gefordert
„Vor diesem Hintergrund überrascht es aus DSAG-Sicht nicht, dass nur neun Prozent der Befragten eine realistische Chance sehen, eine IS-H-Nachfolgelösung bis zum Wartungsende 2027 zu implementieren – natürlich vorausgesetzt, dass diese zeitgerecht zur Verfügung steht“, erläutert Tatjana Neitz-Kluge, DSAG-Arbeitskreissprecherin Healthcare. 42 Prozent halten 2030 für realistisch. Gefordert sei aus DSAG-Sicht auch die Politik. Standards müssten etabliert, Ressourcen bereitgestellt und der Datenschutz angepasst und vereinheitlicht werden.
„Im Kontext der Projekte rund um das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) und einer enormen Auslastung der Ressourcen sowie der engen Zeitrahmen geht die SAP-Strategie an den Realitäten der Kunden vorbei“, kritisiert Michael Pfeil, DSAG-Arbeitskreissprecher Healthcare. Das KHZG binde Ressourcen und übe einen erheblichen Druck auf alle Gesundheitseinrichtungen, Berater und Implementierungspartner aus. Entsprechend wäre ein erster wichtiger Schritt laut DSAG, dass SAP eine Extended Maintenance ohne Aufpreis anbietet.
Quelle: DSAG/hnle