Einigung auf Eckpunkte – Weißer Rauch über Berlin

Krankenhausreform in Sicht: Nach langwierigen Verhandlungen haben sich Bund und Länder auf ein Eckpunktepapier verständigt. 14 der 16 Länder stimmten zu. Geplant ist zudem ein Transparenzgesetz zur Behandlungsqualität in den Kliniken.

Weg von den Fallpauschalen und Qualität statt Quantität: Mit einer Mehrheit von 14 Stimmen der Länder, haben sich die Beteiligten am 10. Juli auf ein gemeinsames Eckpunktepapier verständigt. „Es ist eine Abkehr von den Fallpauschalen“, sagte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD). Man habe sich auf sehr detaillierte Eckpunkte einigen können. Die Reform sei „eine Art Revolution“. Krankenhäuser seien nicht mehr gezwungen, so viele Leistungen wie möglich zu erbringen.

Den Eckpunkten stimmten fast alle Länder zu, wie der Vorsitzende der Gesundheitsminister, Manne Lucha (Grüne) aus Baden-Württemberg, mitteilte. Dies sei damit ein gültiger Beschluss. Bayern stimmte mit Nein, Schleswig-Holstein enthielt sich. Der nordrhein-westfälische Ressortchef Karl-Josef Laumann (CDU) machte deutlich, die künftige Planung sei eine Möglichkeit, überprüfbare Qualität hinzukriegen.

Existenzgarantie für kleine Kliniken

Die Reformpläne sehen vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Krankenhäuser von finanziellem Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein – also etwa „Kardiologie“ statt grober Bezeichnungen wie „innere Medizin“. Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern. Durch die Vorhaltepauschalen hätten kleine Kliniken eine Existenzgarantie. „Wenn sie für die Versorgung notwendig sind, können sie mit der Vorhaltepauschale auf dem Land überleben“, so Lauterbach.

Lauterbach plant auch ein „Transparenzgesetz“, mit dem Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken als Information für Patienten und Patientinnen veröffentlicht werden sollen. Dies werde der Bund voraussichtlich bereits zum 1. Januar 2024 eigenständig umsetzen. Transparent gemacht werden soll dafür die Verteilung der Leistungsgruppen auf die Kliniken und eine Einteilung des Netzes in Versorgungsstufen (Level) – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Eine stärker steuernde Funktion dieser Level direkt in der Reform hatten die Länder bereits zuvor abgelehnt.

Wenig Hoffnung auf Geld

Forderungen der Länder nach einer Finanzspritze des Bundes für die Kliniken noch vor der Reform setzten sich nicht durch. Lauterbach sagte auch mit Blick auf die Haushaltslage, es werde geprüft, fügte aber hinzu: „Ich kann da keine Hoffnungen machen.“ Bis die Reform wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen – das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht worden sei.

An der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs sollen für die Länderseite Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie für die Belange Ostdeutschlands Mecklenburg-Vorpommern beteiligt werden. Lauterbach sagte, der Zeitplan stehe, dass die Reform zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Die konkrete Umsetzung in den Budgets der Kliniken soll erst in den Jahren danach schrittweise wirksam werden. 

Die bayerische Gegenstimme ist keine Verweigerungshaltung, sondern ein Ausdruck eines demokratischen Widerspruchs. 

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) stimmte den Eckpunkten nicht zu. Bereits während der Verhandlungen übte er mehrfach Kritik. „Die bayerische Gegenstimme ist keine Verweigerungshaltung, sondern ein Ausdruck eines demokratischen Widerspruchs, dass wir in der Sache noch nicht übereinstimmen“, so Holetschek in einer Mitteilung. Er sei überzeugt, dass man die Krankenhausreform brauche und dass das heutige Ergebnis in wesentlichen Passagen auch Bayerns Handschrift trage. Nun werde geprüft, wie Bayern sich in den weiteren Gesetzgebungsprozess konstruktiv einbringen könne. 

Wir brauchen einen TÜV für die Krankenhausreform. 

In dem Punkt der möglichen Ausnahmeregelungen für die Länder und bei den Berücksichtigungen von Kooperationslösungen und Verbundmodellen seien die Aussagen des Bundes noch zu vage. „Ich bin nicht überzeugt, dass damit die notwendige Gestaltungsmöglichkeiten der Länder gewahrt bleiben“, so Holetschek. Zudem müsse Lauterbach Transparenz darüber schaffen, was die Reform bedeutet. „Bevor über das Gesetz abgestimmt werden kann, muss klar sein, welche Folgen das in der Fläche haben wird. Das vermisse ich trotz mehrfacher Aufforderung bis heute. Wir brauchen einen TÜV für die Krankenhausreform. So wie jedes Auto muss die Bundesregierung ihre Pläne auf Herz und Nieren prüfen, bevor sie sie in den Verkehr bringt.“

Quelle: dpa/BMG/Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege/hgl