Gesundheit Nord – Neuplanung des Bauprojekts sorgt bei Opposition fĂŒr Aufregung

Eines der grĂ¶ĂŸten Projekte im Rahmen der Geno-Restrukturierung muss in Teilen neu geplant werden. Dadurch wird es nicht nur teurer, sondern auch spĂ€ter fertig. Die Bremer CDU wirft dem Klinikverbund gravierende Planungs- und Managementprobleme vor.

Ende 2027 soll das Bremer Klinikum Links der Weser geschlossen werden.

UrsprĂŒnglich sollte der Umzug zum Jahreswechsel 2027/28 ĂŒber die BĂŒhne gehen. Zur Gesundheit Nord (Geno) gehören bislang, neben Bremen-Mitte und dem Klinikum Links der Weser (LdW), auch die Kliniken Bremen-Nord und Bremen-Ost. KĂŒnftig besteht der norddeutsche Klinikverbund nur noch aus drei Standorten. Bis Ende 2027 sollte das Klinikum Links der Weser mit allen vorhandenen Abteilungen bestehen bleiben.

Der kommunale Klinikkonzern kĂ€mpft seit Jahren mit den Folgen einer komplexen und ineffizienten Organisationsstruktur. Immer wieder musste Bremen als TrĂ€ger finanziell aushelfen. Das aktuelle Sanierungskonzept sieht erneut hohe Investitionen in die Bausubstanz vor. DafĂŒr verspricht der Gesundheitskonzern Effizienzgewinne durch personalschonende ArbeitsablĂ€ufe und kĂŒrzere Wege. Die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) hatte zuletzt das Erreichen schwarzer Zahlen bis 2027 gefordert.

500 Betten weniger

Der Planung vorausgegangen war ein vom Senat in Auftrag gegebenes Gutachten zur Krankenhausversorgung 2030. Dieses empfahl angesichts sinkender Bedarfe eine stÀrkere Spezialisierung und Konzentration von Leistungen und Angeboten. Der Aufsichtsrat hatte im MÀrz beschlossen, die Zahl der Betten von rund 2000 auf 1500 zu reduzieren. 

Durch die jahrelang heftig umstrittene Zusammenlegung der Standorte Mitte und Links der Weser könnten Schwerkranke besser versorgt werden. Denn alle hochspezialisierten Bereiche könnten dann im Klinikum Bremen-Mitte unter einem Dach arbeiten, argumentiert die Vorsitzende der GeschĂ€ftsfĂŒhrung, Dorothea Dreizehnter. BeschĂ€ftigte könnten in grĂ¶ĂŸeren und stabileren Stationsteams arbeiten. Langfristig soll die Geno dadurch wieder zu einem attraktiveren Arbeitgeber werden.

UrsprĂŒngliches Konzept nicht optimal

Die vertiefte BeschĂ€ftigung und viele Workshops mit den spĂ€teren Nutzern hĂ€tten gezeigt, „dass das ursprĂŒngliche Konzept keine optimale Lösung in Bezug auf Wegebeziehungen, Prozesse und Platzbedarfe schaffen wĂŒrden“, schreibt die KonzernfĂŒhrung in einer Mitteilung. Zugleich habe sich gezeigt, dass die Herz-Intensivstation deutlich aufwĂ€ndiger umgebaut werden mĂŒsse als zunĂ€chst angenommen.

Die ursprĂŒngliche Planung basiere auf einer Machbarkeitsstudie aus dem vergangenen Jahr, erklĂ€rt Dreizehnter auf Anfrage. „Diese hatte natĂŒrlich bei den Kosten (118 Millionen Euro waren ursprĂŒnglich veranschlagt) noch UnschĂ€rfen und ging bezĂŒglich der Raum- und Funktionsbeziehungen noch nicht so in die Tiefe – so wie das bei einer Machbarkeitsstudie zwangslĂ€ufig der Fall ist“, sagt Dreizehnter. Inzwischen hĂ€tten zahlreiche Workshops stattgefunden, man sei intensiv in die Betriebs- und Organisationsplanung eingestiegen. „Deshalb wissen wir, dass wir an einigen Stellen noch einmal nachjustieren mĂŒssen und mehr FlĂ€che brauchen werden“. 

Es verschiebt sich der Zeitpunkt, an dem wir durch mehr FlÀcheneffizienz Kosten einsparen können. 

FĂŒr die Sanierung und ihre Meilensteine hat die PlanĂ€nderung Folgen: „Es verschiebt sich der Zeitpunkt, an dem wir durch mehr FlĂ€cheneffizienz Kosten einsparen können“, gibt Dreizehnter zu. „Wir werden also erst ein Jahr spĂ€ter ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen“. Das ist misslich, denn ein baldiges Verlassen der Verlustzone hatte sie dem Bremer Senat in Aussicht stellen mĂŒssen, quasi als Bedingung fĂŒr die Zustimmung zu den teuren RestrukturierungsplĂ€nen.

„An der Jahreszahl 2027 können wir nicht festhalten“, muss Dreizehnter jetzt eingestehen: „FĂŒr das Jahr 2024 rechnen wir mit einem operativen Minus von drei bis fĂŒnf Millionen Euro“. In der Wirtschaftsplanung 2025 wird sogar von einem Minus von rund 17,9 Millionen Euro ausgegangen.

Opposition vermisst Gesamtplanung

Die Bremer Opposition schĂ€umt und zweifelt auch an den aktualisierten Zahlen: Die Verzögerungen fĂŒhrten nicht nur zu spĂ€ter realisierten Effizienzgewinnen, sagt etwa der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-BĂŒrgerschaftsfraktion, Rainer Bensch. Vielmehr trieben sie die Kosten massiv in die Höhe, fĂŒrchtet er: „Die Bereits angekĂŒndigten Preissteigerungen betragen allein 30 Millionen Euro, wĂ€hrend die Integration des LdW mit zusĂ€tzlichen 80 Millionen Euro belastet wird“. Er vermisse eine Gesamtplanung, um die Zahlen zu konsolidieren. „Die bisherigen Erfahrungen lassen erwarten, dass die tatsĂ€chlichen Kosten weit ĂŒber den prognostizierten BetrĂ€gen liegen könnten“.

Rund 2200 Quadratmeter mehr Platz sollen laut neuer Planung nun entstehen. Vorgesehen sei ein kompakter Bau zwischen dem Haupthaus und Notaufnahme. Ein Innenhof soll dafĂŒr ĂŒberbaut werden. Das dort befindliche eingeschossige Endoskopie-GebĂ€ude werde in diesen „LĂŒckenschluss“ integriert und aufgestockt, meldet die Geno.

Vorentwurfsplanung bis Mai

Der neue Baukörper biete Platz fĂŒr acht Herzkatheterlabore und sechs OP-SĂ€le. Der neue OP-Bereich werde direkt an den bestehenden Zentral-OP und die Aufbereitungseinheit fĂŒr Medizinprodukte angegliedert. Auch Spezialbereiche wie die „Same-Day-Surgery“ fĂŒr Patienten, die erst am Tag ihres Eingriffs aufgenommen werden und ein spezieller Aufwachbereich könnten in unmittelbarer NĂ€he des OP-Bereichs untergebracht werden. Eine Vorentwurfsplanung soll bis Mai 2025 vorliegen. Laut Mitteilung zur letzten Aufsichtsratssitzung Ende Dezember soll dann bis Ende 2025 die abschließende Entwurfsplanung entstehen. Nach erfolgter Ausschreibung könne 2026 mit dem Bau der Herz-OP-SĂ€le und Katheterlabore begonnen werden.

Die Senatorin antwortet sparsam: „Die GeschĂ€ftsfĂŒhrung hat dem Aufsichtsrat nachvollziehbar dargelegt, dass die Anpassungen der bisherigen Planungen, die zu den zeitlichen Verzögerungen fĂŒhren, deutlich bessere und effizientere Ergebnisse bringen werden“, schreibt eine Sprecherin. „Deshalb werden wir die Verzögerungen in Kauf nehmen.“ 

Wir werden die Verzögerungen in Kauf nehmen. 

Die Restrukturierung beinhalte nicht nur die ZusammenfĂŒhrung der Standorte Links der Weser und Mitte, betont das Unternehmen. Auch SekundĂ€r- und TertiĂ€rbereiche sollen zentralisiert, ambulante Angebote ausgebaut werden. Manches sei durchaus im Plan: „Das neue Zentrallabor im Klinikum Bremen-Mitte beispielsweise wird bereits im Februar kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen, die ZusammenfĂŒhrung unserer Speisenversorgung und der Medizinprodukteaufbereitung ist auf dem Weg“. Der Aufbau des MVZ im Bremer SĂŒden, dass die stationĂ€re Versorgung am heutigen Standort Links der Weser ablösen soll, gehe gut voran.

Herausforderungen werden nicht weniger

Auch fĂŒr das aktuell kalkulierte Minus fĂŒhlt sich den Geno nur bedingt verantwortlich: Vor allem werde das Ergebnis durch Effekte belastet, die im vergangenen Jahr noch nicht absehbar waren, betont Dreizehnter: Ins Kontor geschlagen haben offenbar hohe Tarifsteigerungen und gestiegene Kosten fĂŒr Strom und Gas. Trotzdem spart die CDU nicht mit Kritik: „Die aktuellen Entwicklungen zeigen gravierende Planungs- und Managementprobleme“, kritisiert Bensch. Die unkoordinierte Zusammenlegung der HĂ€user Links der Weser und Mitte verdeutliche, dass die Geno weiter mit erheblichen strukturellen und finanziellen Herausforderungen zu kĂ€mpfen habe. 

Die aktuellen Entwicklungen zeigen gravierende Planungs- und Managementprobleme. 

Bereits 2014 sei fĂŒr den Standort Mitte ein monatlicher Effizienzgewinn von 450 000 Euro nach Fertigstellung des Teilersatzneubaus angekĂŒndigt worden. Statt der versprochenen Einsparungen seien die strukturellen Defizite noch gewachsen, bemĂ€ngelt Bensch. Seit 2019 hĂ€tten diese durch staatliche ZuschĂŒsse ausgeglichen werden mĂŒssen. „Allein aus dem Bremen-Fonds erhielt die Geno seit 2021 rund 150 Millionen Euro“, so der CDU-Politiker. Der Klinikverbund bekomme seit Jahren auch laufende UnterstĂŒtzung, darunter ZuschĂŒsse fĂŒr Betriebs- und Pensionskosten. „Im Jahr 2024 wurde ein Kreditrahmen von 231 Millionen Euro gewĂ€hrt, der aufgrund mangelnder RĂŒckzahlungsfĂ€higkeit faktisch ein VerlustgeschĂ€ft ist“, so Bensch. Die CDU beklagt darĂŒber hinaus eine Fixierung auf die Geno und fordert die Förderung trĂ€gerĂŒbergreifender Kooperationen. Dringend notwendig sei eine konsolidierte Gesamtplanung, die alle zu erwartenden Investitionen – „aktuell geschĂ€tzt ĂŒber 730 Millionen Euro“ – realistisch bewertet.

„Durch unsere Sanierungsmaßnahmen haben wir seit 2020 rund 40 Millionen Euro Sanierungseffekte gehoben“, betont Dreizehnter, gibt aber zu: „Einen entscheidenden Schritt werden wir erst mit der Reduktion von vier auf drei Standorte gehen“.

Kritik auch von Verdi und Marburger Bund

Kritik kam im Verlauf der hitzig diskutierten Planungen immer wieder auch von den Arbeitnehmervertretern, wie dem GeschĂ€ftsfĂŒhrer des Verdi-Bezirks Bremen-Nordniedersachsen, Markus Westermann. Im vergangenen Sommer forderte die Gewerkschaft gar den Stopp der PlĂ€ne.

Schlagzeilen machten im Herbst darĂŒber hinaus Warnungen des Ärzteverbands Marburger Bund vor angeblich angedachten Stellenstreichungen. Es werde keine betriebsbedingten KĂŒndigungen geben, entgegnet Dreizehnter: „Wir haben bisher nur ĂŒber Fluktuation Personal abgebaut und das werden wir auch kĂŒnftig tun. Seit 2020 haben wir die Geno bereits um etwa 250 Mitarbeiter verschlankt“, erklĂ€rt sie. Die Pflege sei ausdrĂŒcklich ausgenommen. 

Wir können nicht auf Dauer mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen. 

Immerhin, argumentiert die Geno-Chefin, sei auch der Leistungsumfang gegenĂŒber Vor-Pandemie-VerhĂ€ltnissen zurĂŒckgegangen: „Wir werden die Geno nicht sanieren können, wenn wir nicht versuchen, Leistung und Ressourceneinsatz wieder in Einklang zu bekommen“, sagt Dreizehnter. „Wir können nicht auf Dauer stĂ€ndig mehr Geld ausgeben, als wir einnehmen“. Wie viele BeschĂ€ftigte in drei bis fĂŒnf Jahren gebraucht wĂŒrden, hĂ€nge ganz wesentlich von der Leistungsentwicklung ab. „Wir können nur das Personal beschĂ€ftigen, das gegenfinanziert ist, sonst schaffen wir die wirtschaftliche Stabilisierung nicht“.  

Quelle: Sabine RĂ¶ĂŸing (Freie Journalistin) 2025. Thieme

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