Auf der Agenda der ersten digitalen Gesundheitsministerkonferenz im neuen Jahr stand wieder die Krankenhausreform. Dem BWKG-Vorsitzenden Heiner Scheffold ist die These „Groß ist gut“ zu schlicht, für ihn stehe der Bedarf der Menschen im Zentrum.
Zur ersten digitalen Sitzung der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im neuen Jahr haben sich am 30. Januar die Landesministerinnen und -minister sowie die Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit und Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach zusammengeschaltet. Auf der Tagesordnung standen unter anderem das Infektionsschutzgesetz, der Fahrplan für die geplante große Krankenhausreform, die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) und die Bedarfsplanung der Kinder- und Jugendmedizin.
Am Plan zur Krankenhausreform halten die Gesundheitsminister weiterhin fest. Hier soll es bis zur parlamentarischen Sommerpause einen Gesetzesentwurf geben. „Bund und Länder arbeiten dabei zusammen an den Eckpunkten – das ist ein wirkliches Novum und ein großer Erfolg für uns Länder. Ich bin Bundesminister Lauterbach sehr dankbar, dass er hier sehr vertrauensvoll und konstruktiv mit uns zusammenarbeitet“, so der GKM-Vorsitzende Manne Lucha. In den unterschiedlichen Arbeitsgruppen fände ein regelmäßiger Austausch statt.
Groß ist nicht immer gut
Die Krankenhauslandschaft in Deutschland soll nach dem Willen von Bund und Ländern grundlegend umgestaltet werden. Eine Expertenkommission hatte vorgeschlagen, dass Kliniken künftig weniger Geld pauschal nach Anzahl der behandelten Fälle bekommen sollen. Anstelle dessen soll das Vorhalten von Betten, Personal und bestimmten Leistungen stärker honoriert werden. So könne der ökonomische Druck von den Häusern genommen werden. Zudem ist eine stärkere Spezialisierung der Kliniken geplant.
Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) warnte davor, die Größe eines Krankenhauses zum entscheidenden Kriterium zu machen. „Die These ‚Groß ist gut‘, die offenbar den Expertenkommissionsvorschlägen zugrunde liegt, scheint mir aber etwas schlicht zu sein“, kommentierte der BWKG-Vorsitzende Heiner Scheffold. „Riesenkrankenhäuser“ führten nicht per se zu einer guten medizinischen Versorgung und setzten massive Investitionen voraus. „Im Zentrum der Krankenhausplanung muss der Bedarf der Menschen stehen, die notwendigen und qualitativ hochwertigen Krankenhausleistungen in annehmbarer Zeit zu erreichen“, sagte Scheffold. „Das kommt mir in den Vorschlägen bisher zu kurz.“
Pädiatrie: Bedarfsplanung deckt Realität nicht ab
Weiter haben die Ministerinnen und Minister über die aktuell immer noch sehr angespannte ambulante Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendmedizin beraten. Vielerorts suchen Eltern händeringend nach Kinder- und Jugendarztpraxen, die freie Kapazitäten haben. Das Problem: Rein formal ist laut Bedarfsplanung zumeist die flächendeckende kinderärztliche Versorgung gesichert. „Da müssen wir dringend ran“, berichtete Minister Lucha aus den Beratungen. „Die Bedarfsplanung deckt längst nicht mehr die Realität ab. Wir Länder haben die Bundesregierung und den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) deshalb nachdrücklich aufgefordert, die Grundlagen der Bedarfsplanung zu reformieren.“
Denn die Bedarfe hätten sich in den vergangenen Jahren erheblich geändert. Es gibt mehr Vorsorgeuntersuchungen, chronische Erkrankungen bei Kindern sind in den vergangenen Jahren ebenso gestiegen wie die Geburtenzahlen und der Beratungsbedarf der Eltern. „Das muss berücksichtigt werden bei der Frage, wie viele Kinder- und Jugendarztpraxen es in einer Region braucht“, ist der GMK-Vorsitzende überzeugt. Für die Gesundheitsminister sei der Blick nach vorn nun wichtig, dass Kinder- und Jugendmedizin, aber auch die Psychotherapie in dem Bereich, signifikant mehr in den Fokus gerät, als es in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Die Länder begrüßen zudem, dass Bundesgesundheitsminister Lauterbach angekündigt hat, die Vergütung in der Kinder- und Jugendmedizin zu verbessern. „Wir müssen wegkommen von den engen Budgets und stattdessen jene Leistungen vergüten, die die Praxen tatsächlich auch erfüllen“, so Minister Lucha.
Infektionsschutzgesetz: Abgestimmtes Handeln
Beim Infektionsschutzgesetz hat Bundesminister Lauterbach den Ländern zugesichert, zeitnah einen Vorschlag vorzulegen, wie beispielsweise mit den noch bestehenden Test- und Maskenpflichten umgegangen werden solle. Gemeinsam werden Bund und Länder dann darüber beraten. „Dass Bund und Länder gerade jetzt, am Ende der Pandemie, zusammenstehen und abgestimmt handeln wollen, ist ein positives Signal“, sagte der GMK-Vorsitzende Manne Lucha im Anschluss an die GMK-Sitzung.
Stand jetzt gibt es im Infektionsschutzgesetz beispielsweise noch bis 7. April eine Testverpflichtung für Besucherinnen und Besucher in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Testverordnung und die damit verbundene kostenlose Testmöglichkeit für Bürgerinnen und Bürger läuft aber – ebenfalls Stand jetzt – Ende Februar aus. „Das muss in Gleichklang gebracht werden“, betone Lucha.
MDR-Verordnung: Druck muss erhöht werden
In Bezug auf die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) begrüßten alle Ministerinnen und Minister die angekündigten Änderungen der EU-Kommission zwar , wiesen aber auf bereits existierende Engpässe bei Nischenprodukten hin. „Der Bund muss dringend den Druck auf Brüssel erhöhen, dass die EU die Rahmenbedingungen für Nischenprodukte verbessert“, forderte Lucha. „Nach wie vor ist der Zertifizierungsprozess für Medizinprodukte in der EU zu langwierig, aufwendig und kostenintensiv. Und das gefährdet die Versorgung der Menschen.“ Dabei handelt es sich vor allem auch um Produkte, die in kleineren Stückzahlen hergestellt und zur Versorgung von speziellen Zielgruppen verwendet werden.
Quelle: Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration des Landes Baden-Württemberg/dpa/hgl