Berlin – Mit einer Digitalstrategie soll eine patientenzentrierte, datengestützte und nachhaltige Versorgung umgesetzt werden. Ein entsprechendes Strategiepapier beschloss jüngst der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands.
Grundsätzliches Ziel sei eine Versorgung, die durch digitale Innovationen qualitativ hochwertiger, zugänglicher und effizienter wird, hieß es. „Digitalisierung ist ein Innovationsmotor und muss für eine bessere Versorgung genutzt werden“, betonte die Verwaltungsratsvorsitzende für die Arbeitgeber, Susanne Wagenmann.
Unter anderem müsse die elektronische Patientenakte (ePA) zur zentralen Plattform für eine umfassende digitale Vernetzung in der Gesundheitsversorgung weiterentwickelt werden. Zudem stelle die Datenverarbeitung mit und ohne Künstliche Intelligenz (KI) die Voraussetzung für effiziente und bürokratiearme Prozesse dar – hierfür brauche es klare rechtliche Rahmenbedingungen.
Einen klaren Nutzen für Versicherte und Patienten von der Digitalisierung forderte Uwe Klemens, der Verwaltungsratsvorsitzende für die Arbeitnehmer – den Vorsitz des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes stellen die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite gemeinsam.
Krankenkassen sollten stärker als bisher die Möglichkeit haben, „digitale Lotsinnen zu sein, die entlang des gesamten Behandlungspfades wirken und Versicherte beim Zugang in die richtige Versorgungsebene unterstützen“. Mit entsprechenden gesetzlichen Grundlagen müssten beispielsweise Möglichkeiten ausgebaut werden, Versicherten auf Basis taggleich übermittelter Daten aus der Versorgung personalisierte Präventions- und Versorgungsangebote anbieten zu können.
Konkret fordert der GKV-Verwaltungsrat in dem Papier eine „ePA als Herzstück eines digitalen Ökosystems“. Die Umstellung von unstrukturierten Dokumenten hin zu strukturierten, maschinenlesbaren, interoperabel nutzbaren Daten sei eine wichtige Grundlage für alle zukünftigen Nutzungsszenarien. Zudem müsse die ePA durch KI, Telemedizin, Telepflege sowie „individuelle Mehrwertanwendungen der Krankenkassen“ ergänzt werden.
Beispielhaft verwiesen auf Empfehlungen zu Impfungen, Vorsorgeerinnerungen, Präventionsangebote, die Einnahmeunterstützung zu verordneten Medikamenten, Symptom-Checker, Terminservice, ärztliche Zweitmeinungen oder „Unterstützungen für konkrete Krankheitsbilder, etwa in Zusammenarbeit mit entsprechenden medizinischen Fachgesellschaften“. Solche Instrumente sollen den Versicherten „als freiwilliges Angebot zur Verfügung stehen“.
Die Gematik soll sich laut den Forderungen auf ihre Kernaufgaben als Zulassungs-, Spezifikations- und Aufsichtsinstanz konzentrieren und ihre „Rolle als operative Entwicklerin digitaler Anwendungen zurückfahren“. Statt zentraler Steuerung brauche es wettbewerbliche Spielräume für Kranken- und Pflegekassen, um nutzernahe und praxisorientierte Lösungen zu entwickeln.
Vom GKV-Verwaltungsrat wird außerdem beklagt, dass die bestehenden Mehrheitsverhältnisse und die Entscheidungsprozesse in der Gesellschafterversammlung der Gematik deren Finanzierung „nicht einmal annähernd Rechnung“ trügen.
Diese Trennung von inhaltlicher und finanzieller Verantwortung müsse in Zukunft wieder dahingehend aufgehoben werden, dass der GKV-Spitzenverband „einen erheblich stärkeren Einfluss erhält“ – etwa über eine Erhöhung seiner Gesellschaftsanteile oder durch entsprechende Stimmrechte.
Auch habe sich die gesetzliche Planung von Produktzyklen und Features in den vergangenen Jahren „als zu unflexibel und oft wenig sachgerecht erwiesen“, weshalb Umsetzungsfristen für die Telematikinfrastruktur (TI) und ihre Fachanwendungen untergesetzlich festgeschrieben und von der gematik veröffentlicht werden sollten.
Gefordert wird zusätzlich eine möglichst schnelle Umsetzung einer europäisch interoperablen TI 2.0 sowie einheitliche digitale Identitäten. Dabei sei sicherzustellen, dass die TI 2.0 ohne Doppelinvestitionen nahtlos mit anderen europäischen digitalen Diensten der Gesundheitsversorgung interagieren kann – etwa, wenn Versicherte im Ausland versorgt werden. Ebenso müsse die TI 2.0 die Nutzung eines digitalen Abbildes der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) ermöglichen.
Einen weiteren Fokus legt das Strategiepapier auf die Verbindung von digital gestützter Ersteinschätzung und Terminvermittlung. Die Empfehlungen des Ersteinschätzungsinstruments müssten „qualitätsgesichert und wissenschaftlich fundiert und GKV-weit einheitlich ausgestaltet sein“. Mit der Ersteinschätzung solle dann auch eine Möglichkeit zur Online-Terminvermittlung einhergehen, die anhand der festgestellten Dringlichkeit der Behandlung freie Termine anbietet.
Dazu heißt es in dem Papier: Alle Teilnehmer der vertragsärztlichen Versorgung müssen hierfür einen fachgruppenspezifischen Anteil ihrer GKV-Termine für eine digitale Vermittlung anbieten und an ein bundeseinheitliches, zentrales Terminverzeichnis automatisiert übermitteln. Kranken- und Pflegekassen, die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen oder auch privatwirtschaftliche Anbieter sollten Onlineterminbuchungsservices auf Basis dieses zentralen bundeseinheitlichen elektronischen Verzeichnisses anbieten können.“
Quelle: GKV