Das insolvente St. Marien-Krankenhaus in Ratingen wird Mitte Mai 2024 geschlossen. Diese überraschende Entscheidung des Trägers hat am Wochenende heftige Reaktionen und Gegenreaktionen ausgelöst. Was bisher geschah.
Mitte Mai 2024 schließt das insolvente St. Marien-Krankenhaus in Ratingen. Das gab die Geschäftsführung am 12. April bekannt.
Die Nachricht wirkte wie ein Paukenschlag: Nachdem die Verantwortlichen der Marien-Krankenhaus GmbH in Ratingen am 12. April 2024 die Schließung des Krankenhauses zu Mitte Mai bekannt gegeben hatten (der Bereich Altenpflege sei von Schließung nicht betroffen), schlug kurz darauf der Bürgermeister Alarm: „Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass der Krankenhausträger und die Geschäftsführung kein Interesse am Weiterbestand eines – wenn auch reduzierten medizinischen Angebots am Standort haben“, sagte Klaus Pesch, Bürgermeister der Stadt Ratingen wenige Stunden nach der Mitteilung der Krankenhausgeschäftsführung.
- April: Bürgermeister und Rat machen ihrem Ärger Luft
„Durch die voreilige Schließungsmitteilung wurden wir, wie schon mehrere Male zuvor in den letzten Monaten, vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Mit Unverständnis und Verärgerung hätten Rat und Verwaltungsvorstand die Mitteilung der Geschäftsführung aufgenommen, dass der Krankenhausbetrieb zum 15. Mai 2024 auslaufen solle. Irritierend sei vor allem der Zeitpunkt der Veröffentlichung – der 12. April – gewesen.
Durch die voreilige Schließungsmitteilung wurden wir, wie schon mehrere Male zuvor in den letzten Monaten, vor vollendete Tatsachen gestellt.
Denn noch am Vortag, dem 11. April, hätten – laut Mitteilung aus dem Rathaus – Bürgermeister Pesch und der Erste Beigeordnete Patrick Anders die Geschäftsführung des St. Marien-Krankenhauses über vielversprechende Gespräche mit einem renommierten Krankenhausbetreiber informiert. Dieser Betreiber hätte großes Interesse, am Standort des St. Marien-Krankenhauses wenigstens eine Akutversorgung für die Ratinger Bevölkerung aufrechtzuerhalten, so die Stadt. Um den Plan zu konkretisieren, hätten Pesch und Anders dringend um einen kurzfristigen Termin möglichst noch am Wochenende (13. und 14. April) gebeten. Statt einer Antwort auf ihr dringendes Anliegen sei dann die knappe und kühle Mitteilung über den Schließungstermin gekommen.
Bürgermeister Pesch appellierte an den Träger und die Geschäftsführung des St. Marien-Krankenhauses, „sich unserem Anliegen nicht zu verschließen und an einer Lösung für die künftige medizinische Versorgung in Ratingen konstruktiv mitzuwirken“.
Sonntag, 14. April: Dementi der Geschäftsführung folgt auf dem Fuße
Prompt nahm die Geschäftsführung des Krankenhauses zu den Vorwürfen des Bürgermeisters Stellung – am Sonntag, 14. April, kurz nach Zwölf: „Die von städtischer Seite gemachten Vorwürfe sind unverständlich und entbehren jeder sachlichen Grundlage.“ Die angekündigte Entscheidung über die Schließung und den Zeitplan sei im Vorfeld mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten besprochen und abgestimmt worden. Alle seien darüber informiert gewesen, dass die St. Marien-Krankenhaus GmbH seit der Mitte des vergangenen Jahres einen neuen Träger sucht. Auch die Stadt Ratingen sei von Beginn an, das heißt seit Mitte 2023, dauerhaft in den Prozess eingebunden sowie über sämtliche Schritte informiert gewesen.
Und was ist mit dem potenziellen Investor?
Trotz aller Bemühungen sei laut Krankenhausgeschäftsführung leider kein Investor gefunden worden, der bereit gewesen wäre, das Krankenhaus als neuer Träger zu übernehmen. Dies sei mehrfach kommuniziert worden, erklären die Verantwortlichen. Im Zuge der Investorensuche sei auch der jetzt von der Stadt als potenzieller Interessent benannte Krankenhausbetreiber angesprochen worden. Dieser habe schon im vergangenen Jahr und auf erneute Ansprache nochmals im Schutzschirmverfahren mitgeteilt, kein Interesse an der Fortführung des Krankenhauses zu haben und am Investorenprozess nicht teilnehmen zu wollen. Ein anders gelagertes Interesse, z. B. an dem Aufbau einer Akutversorgung, sei zu keinem Zeitpunkt geäußert worden. Auch die Stadt Ratingen habe eine städtische Trägerschaft wiederholt ausgeschlossen.
Die Geschäftsführung bekräftigte ihre Bereitschaft zu Gesprächen: über eine mögliche Akutversorgung am Standort, bei der es ersichtlich nicht um eine Fortsetzung der stationären Krankenversorgung geht. Nach aktuellem Kenntnisstand sei jedoch kein Konzept bekannt, wie sich eine Akutversorgung am Standort kurzfristig umsetzen lasse, geschweige denn kostendeckend betrieben werden könnte.
Mehr als eine Gesprächsanfrage per E-Mail, die der Geschäftsleitung am Abend des 11. April 2024 zugeschickt worden sei, gebe es nicht. Die Geschäftsführung sei nicht in die durch die Ratsfraktion und Verwaltungsspitze beschlossenen Gespräche mit potenziellen Interessenten eingebunden gewesen und habe hiervon auch keine Kenntnis gehabt.
So war und sei laut Geschäftsführung keine auch nur im Ansatz fundierte Basis vorhanden, die es gerechtfertigt hätte, die Umsetzung der mit allen Verfahrensbeteiligten abgestimmten Schritte zurückzustellen.
In ihrer Gegenreaktion wehrte sich die Geschäftsführung gegen den Vorwurf einer „voreiligen Schließungsmitteilung“. Sie nehme ihre Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitenden und Patienten sehr ernst, diese vollständig und rechtzeitig über die unvermeidliche Schließungsentscheidung und den konkreten Zeitplan zu informieren.
Sonntag, 14. April: Auch die Kirchengemeinde widerspricht der Stadt
Auch der Mehrheitsgesellschafter des Krankenhauses, die Katholische Kirchengemeinde St. Peter und Paul, reagierte am 14. April auf die Pressemitteilung der Stadt und verwies dabei auf die stark begrenzten Einflussmöglichkeiten, die Gesellschafter in einem Insolvenzverfahren haben.
Wenn dies erst jetzt – fünf nach 12 – geschieht, sind die Möglichkeiten für alle Beteiligten beschränkt.
Laut der Kirchengemeinde sei die Stadt Ratingen in den gesamten Prozess der Investorensuche von Anfang an eingebunden gewesen – und zwar seit Mitte 2023. Darüber hinaus sei die Stadt über alle wesentlichen Ergebnisse informiert gewesen. Insbesondere sei sie frühzeitig gebeten worden, sich aktiv einzubringen, bis hin zum Angebot einer Beteiligung oder Übernahme des Krankenhauses. „Wenn dies erst jetzt – fünf nach 12 – geschieht, sind die Möglichkeiten für alle Beteiligten beschränkt“, so die Gemeinde.
Im Rahmen des Prozesses seien vor Einleitung des Sanierungsverfahrens 45 potenzielle Interessenten angesprochen worden – davon alle maßgeblichen Krankenhausbetreiber. Es hätten jedoch nur drei Interessenten Angebote abgegeben, und das auch nur für den Pflegebereich.
Nach der Einleitung des Schutzschirmverfahrens sei der Markt erneut sondiert worden, heißt es weiter: Ein Krankenhausbetreiber habe sich gemeldet und ein Angebot geprüft, dann aber abgesagt. Deswegen habe mangels Alternativen die Entscheidung getroffen werden müssen, das Krankenhaus zu schließen.
Auch jetzt spreche die Stadt nur von einer „Akutversorgung“, aber nicht von einer Fortführung des Krankenhausbetriebs, so die Kirchengemeinde weiter. Sie wies darauf hin, dass ihr Hauptziel die Fortführung eines möglichst weitgehenden medizinischen und pflegerischen Angebots in Ratingen sei. Schon vor der Einleitung des Insolvenzverfahrens sei die Gemeinde bereit gewesen, die St. Marien-Krankenhaus GmbH vollständig in andere Hände zu geben. Zu keinem Zeitpunkt habe sich die Kirchengemeinde einer möglichen Lösung verweigert. Sie sei weiterhin zu Gesprächen mit der Stadt Ratingen bereit.
Fortsetzung folgt?
Quelle: St. Marien-Krankenhaus GmbH/Stadt Ratingen/Katholische Kirchengemeinde St. Peter und Paul/ess