Nach einem Ertragseinbruch im Jahr 2023 erwartet Agaplesion fĂŒr 2024 ein negatives Ergebnis. Trotzdem bleiben die Aussichten positiv: Der Cashflow ist stabil, der Konzern solide finanziert. Zudem dĂŒrften weitere Ăbernahmen anstehen.
Jeden Monat analysiert der Börsenexperte Hartmut Schmidt die finanzielle Lage deutscher KrankenhĂ€user anhand von JahresabschlĂŒssen aus GeschĂ€ftsberichten und dem elektronischen Bundesanzeiger.
Im Jahr 2023 entwickelte sich das GeschĂ€ft des evangelischen Gesundheitskonzerns Agaplesion zwar wie geplant, jedoch ist die Entwicklung â wie in den letzten Jahren â nicht positiv zu bewerten. Trotz eines Umsatzanstiegs um 2,2 Prozent auf rund 1,8 Milliarden Euro brach der Ertrag auf allen Ebenen deutlich ein. Das EBITDA, vor BerĂŒcksichtigung des Ertrags aus der Auflösung des Sonderpostens, reduzierte sich um 30,1 Prozent auf 40,4 Millionen Euro. Das EBIT sank um 72,8 Prozent auf 6,1 Millionen Euro und das EBT um 76,3 Prozent auf 4,7 Millionen Euro.
Diese Entwicklung hat zwei GrĂŒnde: Zum einen fĂŒhrten eine Erhöhung der Landesbasisfallwerte und positive Ergebnisse in Budgetverhandlungen zu Belastungen. Zum anderen mussten neben den allgemein widrigen MarktverhĂ€ltnissen Belastungen in Höhe von 13,8 Millionen Euro aufgrund der Insolvenz des Agaplesion Krankenhauses Holzminden verkraftet werden.
Weiterhin solide Bilanz
Aufgrund des positiven Ergebnisses bleibt die Bilanz weiterhin sehr solide. Die Bilanzsumme sank von 1,71 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 1,64 Milliarden Euro, hauptsÀchlich durch eine deutliche Reduktion des kurzfristigen Vermögens. Dadurch erhöhte sich die Eigenkapitalquote von 26 auf 27 Prozent. 27 Prozent des Vermögens waren durch Fördermittel (2021 waren es 28 Prozent) und unverÀndert 25 Prozent durch Banken finanziert.
Der Anteil der LiquiditĂ€t am Vermögen sank von zehn auf acht Prozent, was auf hohe eigenfinanzierte Investitionen von 72 Millionen Euro zurĂŒckzufĂŒhren ist. Diese Investitionen ĂŒberstiegen den Cashflow von 45 Millionen Euro (2022: 35 Millionen Euro) deutlich, wodurch die LiquiditĂ€t gegenĂŒber Ende 2022 um 38 Millionen Euro sank.
Weiterhin gute Perspektiven
FĂŒr 2024 erwartet das Unternehmen trotz eines leicht steigenden Umsatzes einen deutlichen Fehlbetrag. Der Grund dafĂŒr sind deutlich geringere positive Einmaleffekte im Vergleich zu 2023, wie die Energiekostenerstattung von 43 Millionen Euro, die 2023 vereinnahmt wurde.
Dennoch bleiben die Perspektiven des Unternehmens positiv. Mit einem Umsatzvolumen von etwa 1,8 Milliarden Euro ist das Unternehmen groĂ, die Bilanz ist sehr solide und die Ertrags- und Finanzlage ist trotz der widrigen MarktverhĂ€ltnisse positiv. Zudem wird erwartet, dass erhebliche Synergiepotenziale im Klinikverbund schlummern. Angesichts der anhaltend schwierigen Marktbedingungen ist davon auszugehen, dass immer mehr konfessionelle Kliniken und Pflegeheime unter das Dach der Agaplesion schlĂŒpfen werden.
Agaplesion gAG
Mit 1,8 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2023 ist Agaplesion der gröĂte christliche Klinikkonzern in Deutschland. Die Agaplesion gemeinnĂŒtzige Aktiengesellschaft ist eine Managementholding, die im Jahr 2023 18 KrankenhĂ€user, 40 Wohn- und Pflegeeinrichtungen, 7 Hospize, 29 Medizinische Versorgungszentren (MVZ), 14 Krankenpflegeschulen und eine Fortbildungsakademie umfasste. Im Jahr 2023 betreuten die KrankenhĂ€user 253 000 FĂ€lle (Case Mix 206 000), und die Wohn- und Pflegeeinrichtungen boten 3673 PlĂ€tze mit 1233 Tausend Berechnungstagen.Â
Seit ihrer GrĂŒndung im Jahr 2002 wĂ€chst die Holding stark durch die Ăbernahme kirchlicher Kliniken und Pflegeheime, meist durch Sacheinlagen gegen Ausgabe neuer Aktien. Die Gesellschafter der AG sind die ursprĂŒnglichen âEinbringerâ der Einrichtungen, die oft eine Minderheitsbeteiligung an ihren HĂ€usern behalten. Das Unternehmen gibt an, fest in den Werten und Traditionen der Diakonie verwurzelt zu sein.
Marienhaus-Gruppe: Ertragsdruck steigt
Im Jahr 2023 entwickelte sich die Marienhaus GmbH deutlich schlechter als im Vorjahr. Das Unternehmen ist in den Bereichen KrankenhÀuser (9 KrankenhÀuser, Umsatzanteil 62 Prozent), Pflege (17 Alten- und Pflegeheime, Umsatzanteil 16 Prozent) und Kinder-/Jugendhilfe/Sonstiges (12 Prozent) tÀtig.
Der Konzernumsatz schrumpfte um 0,8 Prozent auf 909,2 Millionen Euro. Dies lag am Wegfall der Corona-Ausgleichszahlungen (2022: 67 Millionen Euro) und der Entkonsolidierung des insolventen Heilig-Geist-Hospitals Bingen. Dadurch reduzierte sich der Ertrag auf allen Ebenen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) deutlich. Das EBITDA schrumpfte um 19,7 Prozent auf 18,9 Millionen Euro, das EBIT um 49,3 Prozent auf 3,3 Millionen Euro und EBT um 78,2 Prozent auf 1,1 Millionen Euro. Das EAT betrug minus 0,3 Millionen Euro (2022: 4,1 Millionen Euro) und lag damit deutlich ĂŒber dem geplanten Verlust von 17,3 Millionen Euro. Dies war jedoch hauptsĂ€chlich auf periodenfremde Umsatzerlöse von 26,5 Millionen Euro zurĂŒckzufĂŒhren. Diese resultierten vor allem aus dem Abschluss zahlreicher Budget- und Entgeltverhandlungen fĂŒr Vorjahre, hohen ErtrĂ€gen aus der Auflösung von RĂŒckstellungen sowie ErtrĂ€gen aus der Auflösung von Wertberichtigungen in Höhe von 24,3 Millionen Euro (2022: 8 Millionen Euro) und 22,6 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen fĂŒr den Anstieg der Energiepreise.
Bilanztechnisch zeigte sich eine weiterhin zufriedenstellende Entwicklung. Allerdings fĂŒhrte das negative EAT in Verbindung mit einem negativen Cashflow von 8,5 Millionen Euro (2022: plus 2,9 Millionen Euro) zu EinbuĂen der SoliditĂ€t. Dies fĂŒhrte unter anderem dazu, dass der Anteil der Bankschulden am Gesamtvermögen von 647 Millionen Euro (2022: 637 Millionen Euro) von 16 auf 22 Prozent stieg. Bei der Bilanzanalyse ist jedoch zu beachten, dass die erhaltenen Fördermittel mit dem geförderten Anlagevermögen verrechnet sind. Dadurch wird das Sachanlagevermögen zu niedrig ausgewiesen und auf der Finanzierungsseite gibt es keine Sonderposten.
FĂŒr 2024 erwartet das Unternehmen einen Anstieg der EAT-Verluste auf 9,2 Millionen Euro. Das Erreichen der Ziele wird jedoch schwierig, auch angesichts der hohen EinmalertrĂ€ge im Jahr 2023. Zudem ist aufgrund der geringen Fallschwere in den HĂ€usern, dokumentiert durch den Case-Mix-Index von 0,752, davon auszugehen, dass die Marienhaus-KrankenhĂ€user vor weiteren einschneidenden VerĂ€nderungen stehen.
Johanniter: 2023 schlechter als erwartet
Die Johanniter GmbH ist ein Unternehmen in den Bereichen KrankenhĂ€user (Umsatzanteil 45 Prozent), Reha- und Spezialkliniken (15 Prozent) und Pflege (38 Prozent).Â
Die Zahlen fĂŒr das GeschĂ€ftsjahr 2023 waren â wie bereits 2022 â nicht zufriedenstellend. Das geplante Leistungsvolumen konnte aufgrund von PersonalausfĂ€llen und vakanten Stellen nicht erreicht werden. Die Sachkosten stiegen inflationsbedingt stĂ€rker als geplant, und die Aufwendungen fĂŒr LeiharbeitskrĂ€fte lagen mit 35,7 Millionen Euro um 7,5 Millionen Euro ĂŒber dem Plan. Zudem standen den Coronaausgleichszahlungen 2022 von 56 Millionen Euro nur Erstattungen aus der Energiepreisbremse von 25,8 Millionen Euro gegenĂŒber. Im Jahr 2023 stieg der Umsatz um 5,8 Prozent gegenĂŒber dem Vorjahr auf 1105 Millionen Euro. Dadurch konnten die Ertragskennziffern auf allen Ebenen der GuV verbessert werden:Â
Das EBITDA vor dem Ertrag aus der Auflösung des Sonderpostens und Pachtaufwendungen stieg um 19,9 Prozent auf 81,7 Millionen Euro, das EBIT von minus 0,7 auf plus 8,5 Millionen Euro, das EBT von minus 5,6 auf plus 2,5 Millionen Euro und das EAT (vor Anteile Dritter) von minus 6,8 Millionen Euro auf minus 2,2 Millionen Euro. Geplant war jedoch eine EAT-Erhöhung auf plus 16,1 Millionen Euro. Ob das Ziel fĂŒr 2024, bei steigendem Umsatz ein deutlich positives Gesamtergebnis im Konzern zu erzielen, erreicht wird, bleibt abzuwarten. Im ersten Quartal 2025 lagen die Zahlen der wichtigsten Bereiche unter dem Plan.
Malteser: ErtragstrÀger Migrationshilfe
Die Malteser Deutschland gGmbH ist zu jeweils 29 Prozent Umsatzanteil in den Bereichen KrankenhĂ€user, Altenhilfe und Migration/Jugendhilfe tĂ€tig. Im Bereich Serviceleistungen, der sich hauptsĂ€chlich auf die Produktion und Lieferung von Verpflegung fĂŒr verschiedene Einrichtungen konzentriert, werden elf Prozent der Gesamterlöse erzielt. Nachdem das Unternehmen 2020 vier KrankenhĂ€user und 2022 zwei weitere verkaufte, wurde eine mehrjĂ€hrige Verlustphase beendet. Bedingt durch der Ukrainekrieg und einem deutlichen Ausbau der KapazitĂ€ten in der Sparte Migration, kehrte das Unternehmen 2022 auf den Weg des Erfolgs zurĂŒck, der 2023 anhielt und auch 2024 anhalten wird.Â
Wie 2022 konnten 2023 Umsatz und Ertrag deutlich ĂŒber Plan gesteigert werden: Statt der geplanten 3 Prozent konnte der Umsatz um 7,8 Prozent auf 656,8 Millionen gesteigert werden â der Umsatz im Bereich Migration, Schule und Jugendhilfe stieg dabei um 15,2 Prozent auf 190,4 Millionen Euro â und aus dem geplanten EAT von 3 Millionen Euro wurden 12 Millionen Euro. Diese positive Entwicklung wirkte sich auch auf die Bilanz aus: Das Gesamtvermögen stieg von 490 Millionen Euro Ende 2022 auf 513 Millionen Euro. Davon waren 28 Prozent liquide Mittel (2022: 31 Prozent). Die Finanzierung blieb im Vergleich zum Vorjahr unverĂ€ndert: 49 Prozent Eigenkapital, 14 Prozent Fördermittel (2022: 15 Prozent) und 9 Prozent Bankkredite (2022: 10 Prozent).
Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass der Erfolgstrend 2024 angehalten hat, und zumindest der Ertragsplan 2024 wieder deutlich ĂŒbertroffen wurde: Der Plan sieht eine Umsatzsteigerung von etwa 13 Prozent vor, was zu einem Jahresergebnis von 4,5 Millionen Euro fĂŒhren soll. Zum Vergleich: 2023 betrug das Jahresergebnis 12 Millionen Euro.
Quelle: Hartmut Schmidt (Aktienanalyst) 2025. Thieme11.02.2025
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