Keine Zeitarbeit mehr – Wie machen Sie das, Herr Pflegedirektor?

Ab 2024 beschĂ€ftigen die Kliniken Beelitz keine LeasingkrĂ€fte mehr. Aus Sicht der Leitung zeigt das die WertschĂ€tzung fĂŒr das Stammpersonal und verbessert obendrein die Wirtschaftlichkeit. Der Pflegedirektor erklĂ€rt, was den Verzicht kompensieren soll.

Nico Kleine-Knefelkamp ist ĂŒberzeugt, dass es klappt: Nach mehr als zehn Jahren machen die Kliniken Beelitz, deren Pflegedirektor er ist, endgĂŒltig Schluss mit dem Leasing von PflegekrĂ€ften. Ab dem 1. Januar 2024 setzt das zum privaten Recura Kliniken Verbund zĂ€hlende Haus in Brandenburg ausschließlich auf sein Stammpersonal. Bislang waren in der Pflege des Reha-Anbieters bis zu acht Prozent KrĂ€fte aus der Zeitarbeit tĂ€tig, so der Pflegedirektor.

Um ihr Ziel zu erreichen, werden die Verantwortlichen in Beelitz rund zehn Prozent der Betten in der FrĂŒhrehabilitation nicht neu belegen. Zudem setzen sie darauf, dass mehr BeschĂ€ftigte bereit sind, im freiwilligen, internen Pooldienst ĂŒber ihre Stationsarbeit hinaus zusĂ€tzliche EinsĂ€tze zu ĂŒbernehmen. Dazu wurde die Pooldienst-VergĂŒtung bereits im September erhöht, und es wurde ein sogenannter Schichturlaub eingefĂŒhrt, also ein Zusatzurlaub bei stĂ€ndiger Wechselschicht. 

DarĂŒber hinaus hofft Kleine-Knefelkamp, dass sein Haus durch die Maßnahmen auch fĂŒr bisher bei Leasingfirmen unter Vertrag stehende PflegefachkrĂ€fte als Arbeitgeber wieder interessanter wird. „Aktuell haben sich zwei Kolleginnen von Leasingfirmen wieder bei uns beworben“, sagt der Pflegedirektor: „Da scheinen wir einen Nerv getroffen zu haben.“

Insgesamt zĂ€hlen die Kliniken Beelitz, die derzeit 338 Betten haben, rund 800 Mitarbeitende. Sie betreiben das Neurologische Fachkrankenhaus fĂŒr neurologische FrĂŒhrehabilitation (Phase B) und die Neurologische Rehabilitationsklinik (Phasen C und D) sowie das Parkinsonzentrum. Behandlungsschwerpunkte sind akute und chronische neurologische Erkrankungen, wie zum Beispiel Schlaganfall, sowie Bewegungsstörungen.

Geld bleibt im System „Kliniken Beelitz“

Bedarf fĂŒr die kĂŒnftig wegfallenden Betten sei zwar durchaus vorhanden, heißt es auf Nachfrage von kma in Beelitz. Nur sei deren Weiterbetrieb in Anbetracht der personellen Situation rein betriebswirtschaftlich nicht interessant, etwa auch weil die Kosten fĂŒr LeasingkrĂ€fte stark angestiegen seien und deutlich ĂŒber gĂ€ngigen TarifvertrĂ€gen lĂ€gen.

Dass die Krankenkassen nur einen Teil der Kosten erstatten und Kliniken den Differenzbetrag aus eigenen Mitteln finanzieren mĂŒssen, sei „wirtschaftlich herausfordernd“, beschreibt Enrico Ukrow einen wesentlichen Beweggrund fĂŒr die Entscheidung: „Mit unseren eigenen PflegefachkrĂ€ften können wir, zusammen mit der Bettenreduzierung, sowohl die Pflegequoten einhalten als auch sogar noch die Wirtschaftlichkeit verbessern“, betont der GeschĂ€ftsfĂŒhrer.

Da das Geld kĂŒnftig im System „Kliniken Beelitz“ bleibe, seien alle Gewinner, so Ukrow. Es werde unter anderem fĂŒr die Anpassung der PooldienstvergĂŒtung eingesetzt, solle aber auch zusĂ€tzliche Angebote im Haus sowie beispielsweise technische Innovationen finanzieren.

Vor allem jedoch wollen die Verantwortlichen den Schritt als Ausdruck von WertschĂ€tzung und Respekt fĂŒr ihre PflegekrĂ€fte verstanden wissen. Diese klagten schon lĂ€nger, dass der Einsatz von LeasingkrĂ€ften zu oft ein Mehraufwand und weniger eine Entlastung sei. Durch den Verzicht wĂŒrden dieser Mehraufwand, Unmut und Stress reduziert, betont Kleine-Knefelkamp.

Teils ziemlicher Frust bei eigenen PflegekrÀften

Bei kurzfristig eingesetzten LeasingkrĂ€ften ergebe sich fĂŒr die eigenen Teams bei jedem Einsatz, gerade zu Beginn, ein erhöhter Aufwand um die Leasingkraft einzuarbeiten, die Übergabe von Aufgaben zu strukturieren und die Arbeit nachzuverfolgen, erklĂ€rt der Pflegedirektor. Schließlich seien die eigenen PflegefachkrĂ€fte auch fĂŒr die umfangreiche und rechtssichere Pflegedokumentation verantwortlich. Zwar könnten LeasingkrĂ€fte kurzfristig krankheitsbedingte LĂŒcken fĂŒllen, „dies ist aber eben mit einem erhöhten Aufwand fĂŒr das eigene Personal verbunden, welcher der gewĂŒnschten Entlastung durch den Einsatz von LeasingkrĂ€ften entgegenwirkt“. 

Wir sehen in dem Verzicht auf LeasingkrÀfte die Chance, den Beruf signifikant attraktiver zu gestalten. 

Durch die Wahlfreiheit der LeasingkrĂ€fte in Bezug auf den Dienst (Tag und Zeit) mussten oftmals doch StammkrĂ€fte in den kritischen Dienstzeiten und der eingesetzten Station verschoben werden, beschreibt Kleine-Knefelkamp. All das habe bisher „fĂŒr teils ziemlichen Frust bei den eigenen PflegekrĂ€ften“ gesorgt. „Wir sehen in dem Verzicht auf LeasingkrĂ€fte die Chance, den Beruf signifikant attraktiver zu gestalten und unseren PflegekrĂ€ften ein harmonisches, faires und respektvolles Arbeitsumfeld zu bieten“, sagt Kleine-Knefelkamp. ZusĂ€tzlich zur Entlastung auf den Stationen werde auch in der Verwaltung der administrative Aufwand spĂŒrbar reduziert, da LeasingkrĂ€fte nicht mehr geplant, gebucht, abgerechnet und geleistete Dienste nicht mehr nachgewiesen werden mĂŒssten.

Ein kompletter Leasingverzicht ist im Recura Verbund nicht ganz neu. Das Fachkrankenhaus Coswig etwa kommt schon lĂ€nger ohne externe KrĂ€fte aus und war jetzt auch „Sparringspartner“ bei der Vorbereitung des Beelitzer Modells. Der Verbund ist neben Brandenburg mit weiteren Einrichtungen in Sachsen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern prĂ€sent. Dass Ă€hnliche Maßnahmen in anderen HĂ€usern folgen, sei durchaus möglich, heißt es in Beelitz.

Quelle: Jens Kohrs/Kliniken Beelitz

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