Kliniklandschaft -Wie sich die Krankenhausreform auf Hessen auswirkt

Weniger, aber besser – laut aktuellen Eckpunkten das Ziel der Krankenhausreform. Besonders fĂŒr kleinere KrankenhĂ€user wird es eng, wenn diese Richtung beibehalten wird. Hessen ist besorgt um seine Kliniklandschaft.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) nennt sie „eine Art Revolution“: die geplante große Krankenhausreform. Obwohl ĂŒber die Änderungen auf Bundesebene entschieden wird, ist die Reform auch in Hessen Thema. Denn krank ist jeder mal und dann macht es einen Unterschied, wie weit die nĂ€chste Notaufnahme weg ist, ob das Kreiskrankenhaus noch eine Geburtsstation hat oder wie lange man in der Ambulanz warten muss.

Nach langem Ringen haben sich Bund und LĂ€nder mittlerweile auf die GrundzĂŒge der Reform verstĂ€ndigt. Nun soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. In Kraft treten sollen die Änderungen dann Anfang 2024.

Die GrundzĂŒge der ReformplĂ€ne

  • Das VergĂŒtungssystem mit Pauschalen fĂŒr BehandlungsfĂ€lle soll geĂ€ndert werden. KĂŒnftig soll es einen großen Anteil der VergĂŒtung allein schon fĂŒr das Angebot von Leistungen an sich geben.
  • Um Geld zu bekommen, mĂŒssen bestimmte QualitĂ€tsvorgaben erfĂŒllt sein. Daten zur BehandlungsqualitĂ€t aller Kliniken sollen allen Patienten zugĂ€nglich gemacht werden.
  • Grundlage der Finanzierung sollen kleinere Leistungsgruppen sein – also konkret zum Beispiel „Kardiologie“ statt grober Bezeichnungen wie „innere Medizin“.

Ziel der Reform ist es, den chronischen Finanzdruck aus dem System zu nehmen und zugleich die QualitĂ€t verbessern. Ob das gelingen kann? Dazu gibt es verschiedene Meinungen, je nachdem welche Rolle die einzelnen Stimmen im RĂ€derwerk des Gesundheitssystems spielen. GrĂ¶ĂŸere Kliniken sehen die Reform eher positiv, kleinere sind skeptischer oder fĂŒrchten gar ums Überleben. Kaum jemand stellt aber in Frage, dass dringender Reformbedarf besteht.

Weniger, aber besser?

Der Klinikverbund Hessen vertritt die – oft kleineren – KrankenhĂ€user in öffentlicher TrĂ€gerschaft. Auch dessen GeschĂ€ftsfĂŒhrer Reinhard Schaffert hĂ€lt die Reform fĂŒr notwendig. Die Einteilung in Leistungsgruppen werde zu einer „gewĂŒnschten Konzentration komplexer Leistungen an geeigneten und entsprechend ausgestatteten KrankenhĂ€usern“ fĂŒhren – das sei „sicher sinnvoll“, sagte er der dpa.

 

Nicht mehr alle gewohnten Leistungen stehen in allen KrankenhĂ€usern vor Ort zur VerfĂŒgung. Dies ist aus QualitĂ€tsgesichtspunkten teilweise sinnvoll.

 

Einige KrankenhĂ€user wĂŒrden durch die Reform bessergestellt, andere schlechter, die konkreten Auswirkungen fĂŒr einzelne HĂ€user seien derzeit noch nicht absehbar. Patienten werden die Reform auf jeden Fall zu spĂŒren bekommen: „Nicht mehr alle gewohnten Leistungen stehen in allen KrankenhĂ€usern vor Ort zur VerfĂŒgung. Dies ist aus QualitĂ€tsgesichtspunkten teilweise sinnvoll, muss jedoch auch von der Bevölkerung mitgetragen werden.“

Die Hessische Krankenhausgesellschaft befĂŒrchtet, dass kleinere und mittlere KrankenhĂ€user „wirtschaftlich auf Dauer nicht ĂŒberleben könnten“, wie GeschĂ€ftsfĂŒhrer Steffen Gramminger der dpa sagte. „Große KrankenhĂ€user wĂŒrden dann durch viele leichtere FĂ€lle schnell ĂŒberlastet und die KapazitĂ€ten fĂŒr die komplexen FĂ€lle blockiert.“ Wegen des eingeschrĂ€nkten Angebots dort könnten kleinere KrankenhĂ€user zudem fĂŒr Fachpersonal unattraktiv werden.

Auch Gramminger findet eine Spezialisierung der Kliniken und eine Zentralisierung bei hochkomplexen Behandlungen prinzipiell nicht schlecht. Das Leistungsangebot der einzelnen KrankenhĂ€user mĂŒsse aber „ausgewogen und an den Bedarf angepasst“ sein. Und: „Die Grund- und Notfallversorgung muss in jeder Region gesichert sein.“

Nicht jeder darf anbieten, was er will.

Der Ärztliche Direktor des Frankfurter UniversitĂ€tsklinikums, Prof. JĂŒrgen Graf, gehört zu den BefĂŒrwortern der Reform. Sie bietet seiner Meinung nach die Chance, Fehlanreize im System zu korrigieren. Manche Bereiche der Krankenversorgung seien lukrativ, etwa die Versorgung von Herz-Kreislaufpatienten – hier gebe es oft ein Überangebot. Andere Bereiche seien prinzipiell defizitĂ€r, zum Beispiel die Kinderheilkunde – hier gebe es EngpĂ€sse. Das Angebot sollte sich aber am medizinischen Bedarf orientieren: „Nicht jeder darf anbieten, was er will. Und nicht jeder darf sich aussuchen, was er kriegt. Aber jeder muss bekommen, was er braucht“, findet Graf.

Krankenhausplanung ist LĂ€ndersache

Als Thema fĂŒr den Landtagswahlkampf taugt die Reform nur bedingt – es handelt sich schließlich um ein Bundesgesetz, bei dem die LĂ€nder-Mehrheit im Bundesrat zustimmen muss. Doch grundsĂ€tzlich ist die Krankenhausplanung LĂ€ndersache: Das heißt, Hessen plant das Leistungsangebot der einzelnen KrankenhĂ€user im Rahmen des Krankenhausplans, wie das Sozialministerium erklĂ€rt.

„Wenn die Reform dann beispielsweise die Leistungsgruppen der medizinischen Versorgung definiert hat, ist es Aufgabe des Landes, sie rĂ€umlich zu verteilen und den KrankenhĂ€usern zuzuordnen“, sagte Sozialminister Kai Klose (GrĂŒne) der dpa. DarĂŒber hinaus legt das Land zum Beispiel die Standorte der Notfallversorgung fest und teilt besondere Aufgaben zu, etwa die Versorgung von schweren Brandverletzungen.

Der Frankfurter Gesundheitsökonom Prof. Thomas Busse war bis vor kurzem Direktor des Zentrums fĂŒr Gesundheitswirtschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er findet in den PlĂ€nen „viele sinnvolle AnsĂ€tze“, fĂŒrchtet aber, dass sie erneut den Lobbyistinnen und Lobbyisten zum Opfer fallen. Um einen echten Durchbruch zu erreichen, mĂŒsse man noch grĂ¶ĂŸer denken, so Busse. Das Krankenhauswesen werde immer noch in alten Strukturen gedacht: „Bei der Krankenhaus- und Versorgungsplanung spielen weiterhin LĂ€ndergrenzen eine zu große Rolle.“

Quelle: dpa/gnj

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