„Das Transparenzgesetz muss am 2. Februar im Bundesrat beschlossen werden“, forderte Gesundheitsminister Lauterbach im Rahmen eines Treffens mit den Kommunalverbänden. Die Kommunen hingegen zweifeln an den Reformplänen und fordern „frisches Geld“.
Zur Abwendung einer Welle von Klinikinsolvenzen fordern Kommunen und Landkreise größere und schnellere Milliardenhilfen als von der Bundesregierung vorgesehen. „Die Reformpläne, die kommen wahrscheinlich zu spät für die Häuser, die in Not sind“, sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl, am 15. Januar nach einem Spitzentreffen mit Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) in Berlin. „Wir glauben, dass es frisches Geld im System braucht.“ Landkreistag-Präsident Reinhard Sager forderte Soforthilfen, um die Liquidität der Kliniken zu verbessern.
Mehr als 100 Krankenhäusern droht ohne das Gesetz 2024 die Insolvenz.
Lauterbach pochte mit Blick auf die Länder darauf, dass das bereits im Bundestag beschlossenes Krankenhaustransparenzgesetz auch im Bundesrat grünes Licht bekommt. Damit würde kurzfristige Liquidität von über sechs Milliarden Euro für die Kliniken mobilisiert, sagte er. „Mehr als 100 Krankenhäusern droht ohne das Gesetz 2024 die Insolvenz“, sagte Lauterbach unter Berufung auf eine Studie.
Lauterbach will Beschluss am 2. Februar
Kern des Vorhabens ist neben den Milliardenhilfen etwa zur Finanzierung von Tariflohnsteigerungen vor allem der Aufbau eines „Qualitätsatlas“: Patientinnen und Patienten sollen online Auskunft unter anderem darüber bekommen, wie viel Erfahrung eine Klinik bei bestimmten Leistungen hat. Das Gesetz dazu wurde von den Ländern zunächst zurückgewiesen, so dass es im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beraten werden muss. Auf der Tagesordnung des Ausschusses steht es bisher aber nicht. Lauterbach hatte die Unionsländer dafür verantwortlich gemacht. Erneut beharrte er darauf, dass das Gesetz bis zum 2. Februar beschlossen werden müsse: „Die dringend notwendigen Krankenhausreformen zu verzögern, geht besonders zu Lasten der Städte und Kommunen. Sie sind Träger vieler Kliniken, müssen für Defizite geradestehen“.
Das Transparenzgesetz soll die Reform vorbereiten. Darüber verhandeln Bund und Länder seit Monaten. Die Krankenhäuser sollen durch eine grundlegend andere Bezahlung vom finanziellen Druck befreit werden, aus Umsatzgründen immer mehr Patientinnen und Patienten mit lukrativen Eingriffen zu behandeln. „Das Transparenzgesetz schafft Zeit und Voraussetzung dafür, den Entwurf für die eigentliche Krankenhausreform, die wir derzeit mit den Ländern erarbeiten, noch im Februar als Gesetzentwurf vorzulegen“, so der Minister.
BMG plant vier Gesetzgebungsverfahren
- Krankenhaustransparenzgesetz
- Kurzfristige Liquidität für Krankenhäuser von über sechs Milliarden Euro
- Wichtige Grundlagen für die Krankenhausreform in Form eines Leistungsgruppen-Groupers. Dieser soll sämtliche Krankenhausleistungen in 65 Leistungsgruppen zuteilen können. Dient der Vorarbeit an der geplanten Vergütungssystematik
- Transparente Information über die Krankenhauslandschaft im Bundes-Klinik-Atlas (Transparenzverzeichnis)
- Krankenhausfinanzierungsgesetz
- Dient der Entökonomisierung, der Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie der Entbürokratisierung
- Den 65 Leistungsgruppen sollen Mindestqualitätsanforderungen hinterlegt werden, die erfüllt sein müssen, damit Krankenhäuser die Leistungen erbringen können
- Die Leistungsgruppen sollen den Klinikstandorten von den Planungsbehörden der Länder zugewiesen werden
- Genehmigung von Ausnahmen sollen möglich sein, zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung
- Einführung einer Vorhaltevergütung
- Level 1i-Krankenhäuser als sektorenübergreifende Versorger sollen wohnortnahe medizinische Versorgung sichern.
Mit der Notfallreform und der Reform des Rettungsdienstes sollen die stationäre Versorgung und deren Brücken zum ambulanten Sektor nachhaltig auf ein solides Fundament gesetzt werden.
Dutzende Kliniken in Not
Im Grundsatz unterstützten der Städte- und Gemeindebund sowie der Landkreistag Lauterbachs Reformpläne. Brandl sagte allerdings: „Wir sehen die Befreiungswirkung nicht in dem Umfang, wie das Ministerium das einschätzt.“
Sager sagte, die bisherigen Pläne brächten die drohende Insolvenzwelle im Kliniksektor nicht zum Abstoppen. „Wir haben noch Ausgang des Sommers etwa zwei Dutzend in Not geratene Kliniken in Deutschland gehabt. Mittlerweile ist die Zahl auf drei Dutzend schon angestiegen“, sagte Sager. Das zeige, dass nach Corona und Energiekrise der Bund frisches Geld in das System bringen müsse.
Kassen wollen kein Geld mit der Gießkanne
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, das Transparenzgesetz sei wichtig für Patientinnen und Patienten. „Doch wenn gerade im ländlichen Bereich die Krankenhäuser vorher sterben, ist hier die Unterversorgung vorprogrammiert.“ Bund und Länder müssten nun festlegen, für welche Kliniken es eine Bestandsgarantie geben solle.
Die Krankenkassen wehrten sich gegen den Ruf nach frischem Geld. „Frisches Geld mit der Gießkanne löst keine Probleme, sondern verhindert die notwendigen Veränderungen“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. „Trotz des zunehmenden Mangels an Pflegekräften und Ärzten müssen wir die flächendeckende Versorgung auf dem Land und in der Stadt sichern.“
Quelle: dpa/BMG/gnj