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Krankenhaus Rating Report – Verlustzone Krankenhaus – ein Tiefpunkt und ein Hoffnungsschimmer

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2024 könnte das schlechteste Jahr für die deutschen Kliniken werden. Der neue Krankenhaus Rating Report 2025 zeigt: Die finanzielle Lage ist sehr dramatisch, Rücklagen sind kaum vorhanden – doch es gibt auch Zeichen der Hoffnung.

Die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser ist weiterhin miserabel. Wie der Krankenhaus Rating Report 2025 aufzeigt, soll nach dessen Hochrechnungen 2024 das mit Abstand schlechteste Jahr seit Beginn der Erhebungen sein: Mehr als die Hälfte aller Häuser schreiben demnach rote Zahlen. 56 Prozent der Kliniken werden nach der Prognose Verluste machen. 2023 waren es noch 43 Prozent, 2022 rund 34 Prozent. Die finanzielle Abwärtsspirale dreht sich also weiter.  

Doch Prof. Dr. Boris Augurzky sieht einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Der Mitherausgeber des Rating Reports und gesundheitspolitische Sprecher des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung prognostizierte bei der Vorstellung des Reports auf dem Hauptstadtkongress: „2025 wird es besser.“ Gründe dafür sind vor allem Investitionsprogramme.

Puffer reicht fĂĽr zwei Wochen

Die Auswertungen ergaben, dass viele der Kliniken kaum noch über einen finanziellen Puffer verfügen: Die Hälfte der Häuser konnte im vergangenen Jahr laufende Kosten nur für zwei Wochen oder weniger decken – 2019 waren es noch 26 Tage. Rund 14 Prozent der Krankenhäuser stehen unter hoher Insolvenzgefahr.

Kliniken in privater und freigemeinnütziger Trägerschaft haben im Rating besser abgeschnitten als öffentlich-rechtliche Häuser. Mit Ausnahme von ärmeren Kreisen, dort stünden kommunale Einrichtungen genauso gut da wie die freigemeinnützigen. Gerade mittelgroße Häuser mit 500 bis 900 Betten zeigten im Vergleich bessere wirtschaftliche Kennzahlen. Ebenso Häuser in Klinikketten, mit Spezialisierungsgrad sowie mit einem hohen Case-Mix-Index.

Zu den Unterschieden in den Bundesländern lässt sich der Analyse zufolge sagen: Das Rating fiel für die Kliniken in Ostdeutschland besser aus, Baden-Württemberg und Bayern bildeten hingegen die Schlusslichter.

Seit 2023 ziehen die Fallzahlen wieder an: „Sogar stärker wie nie zuvor“, erklärt Augurzky. Die stationären Fallzahlen seien laut Report im Jahr 2023 um 2,4 Prozent angestiegen, das sei „der stärkste Anstieg seit Einführung der DRG im Jahr 2004“. 2024 seien die stationären Fallzahlen dann weniger stark gewachsen, nur um 0,8 Prozent.

Doch zusammengerechnet mit den Hybrid-DRG, wovon erstmals 300 000 erbracht worden sind, stiegen die Fallzahlen um 2,5 Prozent. „Die Menge an Arbeit hat also zugenommen“, so Augurzky. Nach Scharfschaltung der Vorhaltefinanzierung dürften die ambulanten Angebote im Krankenhaus attraktiver werden, wodurch die stationären Fallzahlen wieder sinken könnten.

Mehr Fördermittel investiert

Erfreulich sei die Menge an Investitionsmitteln, die die Länder 2023 zur Verfügung gestellt haben. Mit fast 3,9 Milliarden Euro seien die Fördermittel um neun Prozent gestiegen. Sie reichen jedoch nach wie vor nicht aus: Der jährliche Investitionsbedarf wird im Report zum Substanzerhalt der Plankrankenhäuser auf mindestens 5,9 Milliarden Euro geschätzt.

Die Autoren des Rating Reports begrüßen die angekündigten Anpassungen der Krankenhausreform der Regierung. Langfristig sei hier mit einer Effizienzverbesserung zu rechnen: Die Autoren gehen davon aus, dass dank der kurzfristigen Milliardenhilfen der Anteil der Kliniken mit Jahresverlusten auf 23 Prozent im Jahr 2025 zurückgehen könnte.

Weniger Behandlungen gefordert

Augurzky warnt davor, dass sich die Sozialabgaben von derzeit 42 Prozent bis zum Jahr 2035 auf über 50 Prozent des Bruttolohns erhöhen könnten. Wenn sich nichts ändert an der Situation der gesetzlichen Krankenversicherung. Um dies zu verhindern, fordern die Report-Autoren weniger Krankenhausbehandlungen als primäres Ziel. Für einfache Bedarfe reichten womöglich ambulante Angebote aus.

Es brauche also eine bessere Patientensteuerung, die durch eine Leitstelle besser verteilt werden müsse. Außerdem sprach sich Augurzky für eine sozial gerechte Eigenbeteiligung aus. So könnten sich Patienten eine freie Arztwahl erkaufen.  

Anstieg beim Personal

Eine erfreuliche Nachricht gab es beim Thema Personal: 2023 stieg die Zahl der Vollzeitkräfte um 2,25 Prozent. Im Vergleich zu 2019 war sie somit um 6,3 Prozent höher, obgleich die Zahl der stationären Fälle 2023 weitaus niedriger war als 2019. Die Produktivität sei demnach gesunken: „Wir haben heute 20 Prozent mehr Personal pro Fall als 2019“, machte Dr. Adam Pilny vom Institute for Health Care Business (hcb) deutlich.

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten habe sich auch erhöht. In den vergangenen 20 Jahren habe sich dieser im vertragsärztlichen Dienst fast verdreifacht: von zwölf Prozent im Jahr 2004 auf 33 Prozent im Jahr 2023. Bei Vertragsärzten ging die Teilzeitquote durch die Decke: Innerhalb von 15 Jahren stieg die Quote auf das Sechsfache an – von 2009 bei lediglich acht Prozent auf 48 Prozent im Jahr 2024. 

Wollen wir die Finanzierung des Gesundheitswesens nachhaltig sichern, muss die Bundesregierung mutiger werden. 

„Der Koalitionsvertrag bietet zwar erste Ansatzpunkte für Verbesserungen, doch er reicht bei Weitem nicht aus“, zieht Augurzky sein Resümee. „Wollen wir die Finanzierung des Gesundheitswesens nachhaltig sichern, ohne Unternehmen und Bürger zu überfordern, muss die Bundesregierung mutiger sein.“

So sollte das Pflegebudget seiner Meinung nach wieder in die DRG und die Vorhaltefinanzierung eingegliedert werden. Damit die Krankenkassen entlastet werden. Außerdem fordert Augurzky, dass Baugenehmigungen bundesweit gelten sollten. So könnte schneller gebaut werden. Von der Beantragung bis zur Fertigstellung können schnell mal zehn Jahre ins Land ziehen. Es brauche eine Art Beschleunigungsgesetz, das Bauordnungen vereinheitlicht und Anträge digital abwickelt.

Eines ist laut Augurzky klar: „Die Transformation wird bis in die 2030er Jahre gehen.“

So viele Krankenhäuser waren beteiligt

Als Grundlage der Untersuchung dient eine Stichprobe von 442 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2023 sowie eine Sonderauswertung von 124 geprüften Jahresabschlüssen aus 2024. Beteiligt waren insgesamt 888 Krankenhäuser. Der Krankenhaus Rating Report wird jedes Jahr gemeinsam mit dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen erstellt.

Quelle: RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung/mrh

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