Experten kommen zu dem Schluss, dass die Kliniken in Thüringen ihre Bettenzahl reduzieren sollten. 2022 waren nur 65 Prozent ausgelastet. Ein Abbau würde laut Gutachten die Versorgung nicht gefährden, sondern sogar personelle Ressourcen einsparen.
Für den neuen Thüringer Krankenhausplan hat das Gesundheitsministerium ein Gutachten eingeholt, dass zu einem brisanten Ergebnis kommt. Wird das Ministerium den Empfehlungen der Experten folgen?
Auslastung 20 Prozent unter Norm
Thüringen soll nach Experteneinschätzung die Zahl der Krankenhausbetten verringern. Dass im Jahr 2022 nur rund 65 Prozent der Klinikbetten ausgelastet waren, sei „ein klares Indiz dafür, dass für den bestehenden Bedarf zu viele Betten vorgehalten werden“, heißt es in einem Gutachten des Berliner Beratungsunternehmens PD für den neuen Thüringer Krankenhausplan, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Norm sei ein Auslastungsgrad von 85 Prozent. Gemessen daran und an der tatsächlichen Belegung könne die Kapazität der Planbetten von rund 14 600 um rund 2900 reduziert werden, ohne dass dies eine „signifikante“ Auswirkung auf die Versorgungssicherheit der Bevölkerung hätte, schätzen die Gutachter ein.
In der Expertise wird auf den seit 2018 zu beobachtenden Patientenschwund an den Thüringer Akutkliniken verwiesen, der in der Corona-Pandemie vor allem wegen aufgeschobener planbarer Eingriffe besonders drastisch ausgefallen war. Bislang könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Fallzahlen an den Kliniken das Vor-Corona-Niveau wieder erreichen könnten, heißt es darin. Dies sei auch in anderen Bundesländern zu beobachten. 2019 waren in Thüringens Krankenhäusern laut Gutachten rund 588 000 Menschen vollstationär behandelt worden, die Zahl schrumpfte 2022 auf rund 503 000.
Auch das reine Vorhalten von Kapazitäten benötigt personelle Ressourcen, die immer knapper werden.
Gesetzliche Krankenkassen verlangen seit Jahren einen Abbau von Klinikbettenkapazitäten. „Das ist ein Thema, dem wir uns angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels zwingend stellen müssen“, sagte nun auch Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). „Auch das reine Vorhalten von Kapazitäten benötigt personelle Ressourcen, die immer knapper werden.“ Der Bestand müsse besser am Bedarf und am verfügbaren Personal ausgerichtet werden. Das Ministerium ist verantwortlich für die Krankenhausplanung.
In ihrem grundsätzlichen Kurs sieht sich Werner durch das Gutachten bestätigt. „Die wichtigste Botschaft lautet: Alle Thüringer Krankenhausstandorte sind bedarfsnotwendig und werden gebraucht“, erklärte sie. Grundsätzlich seien die Thüringer Krankenhausstandorte gut aufgestellt. Angebotsdefizite sehen die Gutachterin der Altersmedizin (Geriatrie) und bei der Behandlung psychischer Erkrankungen. Dies gelte vor allem für die Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Beschlussfassung im Juni
Die Rahmenpunkte des neuen Krankenhausplans sollen nach dem bisherigen Zeitplan voraussichtlich im Juni vom Krankenhausplanungsausschuss beschlossen werden. Konkrete Details und Festlegungen zu den einzelnen Standorten hängen allerdings von der geplanten Klinikreform der Bundesregierung ab, die derzeit noch in Arbeit ist. Der Landtag hatte in der vergangenen Woche mit einer Änderung des Krankenhausgesetzes den Weg für die Umsetzung der Reform in Thüringen bereitet. Es ermöglicht nun die Einführung von medizinischen Leistungsgruppen an den Häusern, einem zentralen Punkt der Reform.
Quelle: dpa/fam