Lauterbach unter Feuer – Harsche Kritik an Krankenhausreform von allen Seiten

Die Krankenhausreform passierte am 15. Mai nach mehrmonatigem Abstimmungsprozess das Bundeskabinett. Doch die Gesundheitsbranche ist aufgebracht, ebenso die Länder, denn bisher hat Lauterbach keine Verbesserungsvorschläge angenommen.

Grundsätzlich sind sich alle Player im Gesundheitswesen einig, dass es dringend eine Reform der Krankenhausstruktur braucht. Trotzdem schwelt die Kritik an der Art der Reform, deren Ausarbeitung sowie dem ministerialen Alleingang weiter. Nachdem der Reformentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) am 15. Mai durch das Bundeskabinett gebilligt wurde, ging ein neuerlicher Aufschrei durchs Land. Bewegt sich das BMG nicht, droht die Reform auf den letzten Metern zu scheitern.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) begründete nach dem Kabinettsbeschluss auf der Pressekonferenz die Notwendigkeit der Reform damit, dass es in Deutschland zu viele Krankenhäuser gebe: „Deutschland hat nicht den medizinischen Bedarf, nicht das ärztliche und auch nicht das pflegerische Personal für 1700 Krankenhäuser. Wir haben auch nicht die finanziellen Mittel dafür.“ Der Gesundheitsminister hob zudem darauf ab, dass wir hierzulande zu viele Betten haben. Auch darin sind sich alle Akteure im Gesundheitswesen – sogar die Kliniken selbst – einig.

Lauterbach sieht seine Reform als „Revolution“ und ist sich sicher, dass mit ihr und der damit einhergehenden planbaren und spezialisierten Versorgung zehntausende Menschenleben pro Jahr gerettet werden können. Ein hehrer Anspruch, den sicherlich auch alle unterschreiben würden, schließlich geht es bei der Reform im Ganzen auch um eine bessere Patientenversorgung. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail.

Länder ärgern sich – unabhängig von Parteigrenzen

Während Lauterbach die gute Zusammenarbeit – auch mit den Ländern – betonte und darauf verwies, dass einige Länder-Vorschläge die hohen Anforderungen an das Gesetz aushöhlen würden, sehen diese die Verabschiedung im Kabinett weniger versöhnlich. Der Bundesgesundheitsminister ist und bleibt mit vielen Beteiligten über Kreuz – selbst aus seiner eigenen Partei.

So ließ Lauterbachs Parteigenosse und Unterstützer auf Landesebene, Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), nach dem Kabinettsbeschluss seinem Unmut freien Lauf: „Die Krankenhausreform ist heute nicht unter Dach und Fach gebracht worden. Es stehen noch viele Beratungen an. Zudem wird die konkrete Ausgestaltung der Umsetzung über Verordnungen zustimmungspflichtig durch den Bundesrat müssen. Noch besteht die Chance auf eine wirklich gute Krankenhausreform im weiteren Verfahren.“

 

Der Minister glaubt, zentralistisch vom Bund aus über das Krankenhausangebot vor Ort entscheiden zu können, obwohl die Planungshoheit laut dem Grundgesetz bei den Ländern liegt. 

Allein diese Äußerung zeigt deutlich, wie verschnupft die Länder – auch die SPD-geführten – über den bisherigen Alleingang des Bundesgesundheitsministers sind. Sie werfen ihm zudem vor, indirekt durch die Qualitätsvorgaben Einfluss auf die Krankenhausplanung nehmen zu wollen. Philippi bedauere sehr, „dass kein einziger Verbesserungsvorschlag der Länder berücksichtigt wurde“, wo diese doch sehr sachorientierte und konstruktive Anregungen gegeben hätten.

VersorgungslĂĽcken auf dem Land befĂĽrchtet

Die Chance auf eine gute und gemeinsame Reform „ist [heute] leider verpasst worden“, kommentierte Philippi die Entscheidung des Kabinetts. Er prangerte einmal mehr an: „Das passt leider ins Schema der Erarbeitung der Krankenhausreform durch das Bundesgesundheitsministerium: Länderbeteiligung wird versprochen, aber nicht gehalten. Ähnlich war es bereits bei den Leistungsgruppen und bei der Erstellung des konkreten Gesetzestextes. So kommt es nun, dass weiterhin Differenzen bestehen zwischen den Vorstellungen des Bundes und der Länder.“

Auch seine Amtskollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, Stefanie Drese (SPD), erklärte nach dem Kabinettsbeschluss, dass sie eine Nachbesserung der Reform für nötig erachte. Flächenländer wie Mecklenburg-Vorpommern sorgen sich vor allem um die Versorgung auf dem Land, wo bereits jetzt schon eine nicht unbeachtliche Anzahl an Kliniken nicht wirtschaftlich arbeiten könne. Sie befürchtet Versorgungslücken. 

Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat bei der Krankenhausreform den Weg der Verständigung mit den Ländern verlassen und hält sich nicht mehr an gemeinsame Absprachen. 

Weitere Ampelkoalitionspartner üben scharfe Kritik. Baden-Württembergs grüner Gesundheitsminister Manfred Lucha findet gegenüber der Augsburger Allgemeinen deutliche Worte ob des scheinbaren „Urmisstrauens“ Lauterbachs gegen die Länder, das er weder für angemessen noch für zielführend hält: „Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat bei der Krankenhausreform den Weg der Verständigung mit den Ländern verlassen und hält sich nicht mehr an gemeinsame Absprachen. Der Minister glaubt, zentralistisch vom Bund aus über das Krankenhausangebot vor Ort entscheiden zu können, obwohl die Planungshoheit laut dem Grundgesetz bei den Ländern liegt.“

Er kritisierte den „größten Wortbruch“ Lauterbachs, die Krankenhausreform als nicht zustimmungspflichtiges Gesetz auf den Weg gebracht zu haben. Lucha drohte mit dem Vermittlungsausschuss, sollten die Vorschläge der Länder nicht aufgegriffen werden. Diesen können die Länder anrufen, um damit das Verfahren auszubremsen. Das würde für Karl Lauterbach bedeuteten, dass er ein gemeinsames Ergebnis in seiner Amtszeit wahrscheinlich nicht mehr erleben dürfte und damit sein ambitioniertestes Gesetz, das in der Sache mutig und richtig ist, nicht mehr zum Abschluss bringen kann.

Dass auch die Opposition deutliche Worte fand, verwundert nicht. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, warf der Ampel vor, die Krankenhauslandschaft im Alleingang auf Kosten der Länder und Versicherten umzubauen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte ein stärkeres Zugehen auf die Länder bei der geplanten Krankenhausreform. Er machte deutlich, dass er ein „solches auf Konfrontation angelegtes Vorgehen der Bundesregierung“ nicht akzeptabel findet. Der CSU-Politiker kritisierte: „Diese Krankenhausreform ist völlig unausgewogen.“ 

Diese Krankenhausreform ist völlig unausgewogen. 

Unterstützung bekam er von seiner Kollegin Judith Gerlach (CSU), der Bayerischen Gesundheitsministerin: „Bayern wird sich nun gemeinsam mit anderen Ländern im Bundesratsverfahren weiter für Korrekturen einsetzen. Wir werden auch klar darauf hinweisen, dass das geplante Gesetz verfassungswidrig ist, weil die Regelungen zum einen unzulässig in die Planungshoheit der Länder eingreifen und der Gesetzentwurf zum anderen im Bundesrat zustimmungspflichtig ist.“

Gerlach war Teil der Länderallianz, die ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte und damit drohte, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Diesen Weg will die Bayerische Ministerin sich auch weiter vorbehalten. Grünen-Politiker Lucha geht sogar so weit, dass alle Länder sich den Klageweg offenhalten, nicht nur Bayern. „Das hängt vom weiteren Verhalten des Bundes ab“, signalisierte er kampfeslustig nach Berlin.

Damit nicht genug. Auch die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Kerstin von der Decken (CDU), warf Lauterbach vor, sich über berechtigte Forderungen der Bundesländer hinweggesetzt zu haben. Der Schleswig-Holsteinischen Gesundheitsministerin zufolge sei eine von allen 16 Bundesländern unterstützte Stellungnahme mit Forderungen zu dem Gesetzentwurf geeint und fristgerecht an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) übergeben worden, doch keine sei in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Dies stelle für sie einen „in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Vorgang“ dar. Sie warf Lauterbach eine „einseitige Abkehr von der so wichtigen Zusammenarbeit in der Sache“ vor.

Die Gesundheitsministerinnen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigten sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung ebenfalls verwundert, dass die Änderungen der Länder vom Bundesgesundheitsminister „erneut nicht berücksichtigt worden sind“. Sie kündigten an, dass die Länder sehr genau darauf achten werden, dass ihre Rückmeldungen im weiteren Prozess noch berücksichtigt werden. Denn aus ihrer Sicht sieht der vom Kabinett beschlossene Entwurf eine enorme Einschränkung für eine Krankenhausplanung in den Ländern vor. Sie mahnten an, dass die Planungshoheit bei den Ländern bleiben müsse und nicht zusätzlich bürokratisiert werden dürfe.

Weitere Länder-Gesprächsrunden geplant

In den nächsten zwei Wochen will Lauterbach noch einmal das Gespräch mit den Gesundheitsministern und -ministerinnen der Länder suchen. Dies ist dringend nötig, da alle 16 Bundesländer – über alle Parteigrenzen hinweg – einhellig Unmut über das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers geäußert haben. Aufgrund der Vorgeschichte ist es fraglich, ob das angespannte Verhältnis auf die Schnelle gekittet werden kann. Lauterbach hat mit seinem Alleingang viel Porzellan zerbrochen. 

Das Krankenhaus um die Ecke muss weiter existieren. 

Aber nicht nur die Länder sind von der Reform in ihrer jetzigen Fassung nicht überzeugt. Während Lauterbach nach dem Kabinettsbeschluss betonte, dass „heute ein sehr guter Tag für die Patientinnen und Patienten in Deutschland“ sei, sehen diese das nicht überall so. Die Bevölkerung hat Angst vor Versorgungslücken.

Auch der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, ist skeptisch. Er glaubte im Phoenix Tagesgespräch nicht, dass die Reform dabei helfe, das Geld dorthin zu bekommen, wo wir es brauchen – in die ländliche Versorgung. Generell findet er eine Abkehr von den Fallpauschalen und die Spezialisierung wichtig. Gut ist aus seiner Sicht zudem, dass „wir eine Grundversorgung organisieren“.

Er betonte im Interview jedoch, dass es sich um ein System handelt, das gewachsen ist und das man nicht auf dem Reißbrett verändern kann, sondern nur mit einer politischen Strategie. Das heißt: „Den ländlichen Raum stärken, den Ballungsbereich abarbeiten und da, wo ich zentrale, wichtige Funktionen habe, die Erreichbarkeit so organisieren, dass in maximal 30 Minuten jeder da ist. Das Krankenhaus um die Ecke muss weiter existieren.“

Einen konkreten Vorschlag hatte Brysch auch: Bund und Länder einigen sich darauf, eine feste Anzahl an versorgungsrelevanten Kliniken im ländlichen Bereich zu erhalten. „Und die müssen finanziert und auch entsprechend ausgestattet werden.“ Brysch zweifelt an, dass 60 Prozent Vorhaltepauschalen dafür ausreichen. Er weiß zudem, dass es politische Entscheidungen erfordere, im Ballungsraum Kliniken abzubauen. Für diese Transformation werde es nicht genügen, allein dieses Gesetz zu realisieren.

Da die Situation zwischen Ländern und Gesundheitsminister Lauterbach verfahren ist, befürchtet er, dass das Gesetz am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht lande. „Zwischenzeitlich sterben dann die Häuser im ländlichen Bereich, die wir brauchen – insbesondere auch um die Alten, die Schwerstkranken, die Pflegebedürftigen zu versorgen. Er forderte alle Beteiligten auf, die Reform endlich vom Patienten her zu denken.

Kassen erwägen Klageweg

Die Liste der Kritiker ist damit noch lange nicht zu Ende. Auch die Krankenkassen hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach gegen sich aufgebracht. Mit der Tatsache, dass die gesetzliche Krankenversicherung den Bundesanteil des Transformationsfonds – immerhin 25 Milliarden Euro – aufbringen soll, ist die Stimmung dort alles andere als rosig. Die Krankenkassen mit ihrem Spitzenverband befürchten den Anstieg der Beitragszahlungen und warnen vor einer Kostenlawine.

„Mit ihren Finanzierungsplänen tritt die Bundesregierung in einer ohnehin angespannten Finanzsituation der GKV eine Kostenlawine los, die auf die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen zurollt“, erklärte GKV-Vorständin Stefanie Stoff-Ahnis. Die Organisation der Gesundheitsversorgung sei staatliche Pflichtaufgabe, nicht Sache der Steuerzahler und nicht der Beitragszahler, erklärte sie weiter. Auch Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), sieht noch Nachbesserungsbedarf bei der Reform. „Insbesondere die weiterhin geplante Finanzierung des Transformationsfonds durch die GKV zu 50 Prozent lehnen wir ab.“

Bleibt Lauterbach hier stur, könnte ihm nicht nur eine Klage seitens der Länder einen Strich durch die Rechnung seiner Reform machen. Auch die Kassen haben vorsorglich bereits bei Prof. Dagmar Felix von der Universität Hamburg ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Grenzen der Finanzierungsaufgaben des Staates einerseits und der gesetzlichen Krankenversicherung als beitragsfinanzierter Sozialversicherung andererseits beleuchte, lässt der GKV-Spitzenverband wissen. „Dieses Gutachten liegt zwischenzeitlich vor und wird nun in den Gremien der Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes beraten“, führte GKV-Sprecher Florian Lanz auf Nachfrage aus.

Kliniken, Ă„rzte und Pflege gegen die Krankenhausreform

Es ist unumstritten, dass es zu viele Kliniken gibt. Dennoch wird die SchlieĂźung von Klinik-Standorten derzeit von Lauterbachs Reform nicht gesteuert, kritisieren viele. Bislang hat sich die Expertenkommission nicht festgelegt, welche Kliniken versorgungsrelevant sind und erhalten werden mĂĽssen. Das Tool dafĂĽr soll erst im Herbst an den Start gehen. Bis dahin hat der Markt die Krankenhauslandschaft aber kalt bereinigt. Das glaubt zumindest die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die mit weiteren 80 Insolvenzen fĂĽr dieses Jahr rechnet.

Lauterbachs Zögern und Ausweichen hat mittlerweile zu ernsthaften Verwerfungen mit maßgeblichen Vertretern seitens der Kliniken, der Ärzteschaft und der Profession Pflege geführt. Es verwundert daher nicht, dass DKG-Chef Dr. Gerald Gaß nach dem Kabinettsbeschluss erneut darauf hinwies, dass die konkreten Reformbestandteile die ursprünglich gesteckten Ziele nicht erreichen und darüber hinaus zu unabsehbaren Verwerfungen und einer Gefährdung der Versorgungssicherheit für die Patientinnen und Patienten führen würden.

Gaß beanstandete, dass Minister Lauterbach „die so wichtige und nötige Krankenhausreform bereits durch seinen Konfrontationskurs mit den Ländern und den Krankenhäusern“ seit über einem Jahr verschleppe. Er prangerte zudem an, dass Lauterbach die neuerliche Abstimmungsverschiebung nicht genutzt habe, „um noch einmal wesentlich nachzubessern und das Gesetz praxistauglich zu machen“.

Blindflug, den es so noch nie gab

Der DKG-Cheflobbyist ließ die Chance nicht verstreichen, die als Entökonomisierung angepriesene Vorhaltefinanzierung zu enttarnen: Sie „hält nicht ansatzweise das, was der Gesundheitsminister versprochen hat.“ Besonders für kleinere Kliniken in der Fläche und Krankenhäuser mit Spezialaufgaben drohe die Vorhaltefinanzierung zum „Fiasko“ zu werden, ist Gaß sich sicher.

Den „Blindflug in ein neues Finanzierungssystem“ sieht nicht nur die DKG kritisch. Auch Prof. Andreas Beivers sprach im Gespräch mit kma bezüglich des Reformentwurfs vor Kurzem von einem „Blindflug, den es bis dato so noch nie gab“. Der Wirtschaftswissenschaftler gab zu bedenken, dass ein derartiger Mix aus verschiedenen Anreizsystemen – wie derzeit geplant – in keiner Weise erprobt sei und so auch noch nirgendwo auf der Welt existiere. Von einer Auswirkungsanalyse wolle der Bund bis heute nichts wissen, kritisierte Gaß daher nicht ohne Grund.

Zudem zeigte sich der DKG-Chef einmal mehr verärgert, dass der Bund in die Krankenhausplanung eingreife: „Auch die Umsetzung der neuen Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen entspricht nicht den Bund-Länder-Einigungen. Die Bundesländer sollen zwar verantwortlich für die Zuweisung von Leistungsgruppen auf die Standorte sein, dies würde der Bund aber faktisch durch neu festgelegte sogenannte Mindestfallzahlen und weitergehende Strukturvorgaben aushebeln. Standorten, die in einzelnen Jahren diese Mindestfallzahlen unterschreiten, streicht der Bund dann große Teile ihrer Finanzierung und stellt damit die Existenzfrage.“ 

Es bedarf zweifellos grundlegender Veränderungen. 

Auch der Marburger Bund (MB) zweifelt bereits seit geraumer Zeit daran, dass die Ziele der Reform mit dem derzeitigen Entwurf aus dem BMG erreicht werden können. Nachdem das Gesetz das Kabinett passiert hatte, sprach der Verband der angestellten Ärztinnen und Ärzte gar von einem Etikettenschwindel. „Versprochen hat uns Minister Lauterbach eine Abkehr von der Fallpauschalen-Systematik, nun aber bekommen wir zwei parallele Vergütungssysteme, bei denen weiter die Fallzahlen im Vordergrund stehen“, erklärte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes. Auch sie fürchtet durch die Reform ein Mehr an Bürokratie und kritisiert die fehlende Bedarfsanalyse und Folgenabschätzung. Ihr Fazit: „Es bedarf zweifellos grundlegender Veränderungen.“

Auf der jüngsten Hauptversammlung des Marburger Bundes Anfang Mai wurde bereits ein Beschluss gefasst, der nach wie vor noch aktuell ist. Zwar sehe der MB – wie alle Akteure – die Notwendigkeit einer strukturellen Reform, dies dürfe jedoch nicht ohne vorherige Kalkulierbarkeit geschehen. Der Vorhaltefinanzierung steht der MB genauso kritisch gegenüber wie die DKG und fordert eine fallunabhängige Vorhaltevergütung. Vielmehr sollten sämtliche Personalkosten 1:1 refinanziert werden.

Neben der Leistungskonzentration rückt der MB die Auswirkungen auf das in den Kliniken beschäftigte Personal in den Vordergrund. Im Gegensatz zum Bundesgesundheitsminister ist sich der MB sicher, dass das Personal nicht automatisch den neuen Strukturen folgen werde. Das werde fatale Auswirkungen haben, die bei der Reform nicht mitgedacht worden sind. 

Die Ignoranz gegenĂĽber unseren Forderungen zeigt, dass die Pflege trotz aller politischen Beteuerungen zumindest in dieser Reform keine Beachtung findet.

 

Nicht nur die Ärzte und Kliniken sind not amused. Auch die Profession Pflege zeigt sich verärgert, dass sie mit ihrer Expertise nicht gehört wurde. „Trotz intensiver Konsultationen und klarer Forderungen des Deutschen Pflegerates wurden wesentliche Anliegen der Pflegeberufe ignoriert und aus dem Reformentwurf gestrichen. Die Ignoranz gegenüber unseren Forderungen zeigt, dass die Pflege trotz aller politischen Beteuerungen zumindest in dieser Reform keine Beachtung findet“, erklärte der Deutsche Pflegerat (DPR) anlässlich des Kabinettsbeschlusses.

DPR-Präsidentin Christine Vogler verweist darauf, dass ohne die Stärkung und Beachtung der professionellen Pflege die Krankenhausreform nicht funktionieren werde. Sie prangerte zudem an, dass mit dem Streichen des § 115h SGB V eine Chance „leichtfertig vertan“ wurde, neue sektorenübergreifende Versorgungswege einzuschlagen.

Quelle: Alexandra Heeser (Freie Journalistin)