Das Aachener Luisenhospital will seinen Kunststoffmüll reduzieren und damit die CO2-Bilanz verbessern: In einem Pilotprojekt werden Medikamente jetzt in Mehrwegbechern gereicht.
Auf den einmaligen Gebrauch erfolgt bislang die direkte Entsorgung im Restmüll: Jährlich fallen im Aachener Luisenhospital 360 000 Einmal-Medikamentenbecher an. Allein bei der Herstellung dieser Polypropylen-Becher entstehen im Jahr rund zwei Tonnen CO2, haben die Verantwortlichen des evangelischen Krankenhauses errechnet. Und Transport, Verpackung, Lagerung und Entsorgung seien dabei noch nicht berücksichtigt.
Wir wollen eruieren, wie aufwendig der Reinigungsprozess ist, wie oft die Spülmaschine zusätzlich laufen muss und wie viele Becher nachgekauft werden müssen.
Ein Pilotprojekt soll die künftige Müllsituation ändern: Auf der pneumologischen Station 8b werden Medikamente jetzt in Mehrwegbechern ausgegeben. Der Versuch sei auf vielfachen Wunsch der Beschäftigten gestartet worden, sagt Dr. Martha Groth. Sie ist Ärztin der Klinik für Innere Medizin und Pneumologie und zugleich die Klimamanagerin des 378-Betten-Hauses: „Wir wollen eruieren, wie aufwendig der Reinigungsprozess ist, wie oft die Spülmaschine zusätzlich laufen muss und wie viele Becher nachgekauft werden müssen.“ Zunächst hat das Haus für den Einsatz auf der Station 8b, auf der 24 Patienten behandelt werden können, 60 Becher beschafft. Nach einem Monat soll erstmals Bilanz gezogen werden.
Tropfenbecher wandern nach einmaligem Gebrauch in die Spülmaschine
In dem Pilotprojekt, das von der Hygieneabteilung des Hauses begleitet wird, nutzen die Pflegekräfte grüne Becher für die Tabletten und rote für Tropfen. Den Patienten werden die Tabletten aus dem Becher in die Hand gegeben, flüssige Medikamente werden mit einem Löffel angereicht – und die Patienten nehmen beides unter Aufsicht ein. „Alle Becher werden direkt wieder mitgenommen“, betont das Krankenhaus im Gespräch mit kma, „kein Becher kommt mit dem Mund eines Patienten in Kontakt.“
Während die roten Becher nach jeder Medikamentengabe direkt in den Korb der Spülmaschine wandern, werden die grünen Becher den gesamten Tag patientenbezogen genutzt. Für die individuelle und eindeutige Zuordnung kommt das bewährte Tropfentablett zum Einsatz, das jede Nacht mit Patientenaufklebern und Zimmernummern aktualisiert wird.
Kein Becher kommt mit dem Mund eines Patienten in Kontakt.
Aufgabe des Spätdienstes ist es nach Auskunft der Klinik, alle Becher eines Tages am Ende des Dienstes in die Spülmaschine zu räumen. Der Nachtdienst holt die gespülten Becher raus und stellt sie im „reinen Raum“ zum Trocknen auf. So haben die Becher ausreichend Zeit, vollständig abzutrocken, und einer etwaigen Schimmelbildung wird vorgebeugt. Pro Tag werden bei 24 Patienten rund 30 Becher gespült. Dafür läuft die Maschine nicht extra, vielmehr kann zusammen mit den Bechern auch anderes Geschirr gereinigt werden. Das Hygieneprogramm der Industriespülmaschine sorge für ausreichend hohe Temperaturen und die nötige Spüldauer, wird in Aachen betont. Zudem werde das Gerät durch die Hygieneabteilung in regelmäßigen Abständen mikrobiologisch untersucht.
Keine Recycling-Möglichkeit auf den Stationen
Zwei Tonnen CO2 für die jährlich bislang 360 000 Einmal-Medikamentenbecher seien „in der Gesamtbetrachtung der Krankenhausemissionen sicherlich nicht viel“, sagt Klimamanagerin Groth: „Es ist dennoch problematisch, solche Becher aktuell nicht dem Recycling zuzuführen.“ Da es auf den Stationen bislang aus hygienischen, logistischen und zudem aus Brandschutz-Gründen noch keine Recycling-Möglichkeit gebe, werde das Polypropylen dem Wertstoffkreislauf langfristig entzogen.
Der Rohstoff werde aus Erdöl gewonnen, und dieses sei bekanntermaßen endlich. Hinzu komme, und das sei ein weiteres großes Problem, die Verschmutzung der Meere mit Mikroplastik – „mit den daraus resultierenden gravierenden Folgen für die Gesundheit der Meereslebewesen und in letzter Konsequenz auch für die der Menschen“.
Quelle: Jens Kohrs/Luisenhospital Aachen