War das Absicht? Nach den Imland-Kliniken steckt Markus Funk jetzt mit den St. Vincenz-Kliniken in einem Insolvenzverfahren – wieder als Geschäftsführer. Was will er in Paderborn anders machen? Und was rät er Kolleg*innen in ähnlicher Lage?
Markus Funk hat die Imland-Kliniken in Schleswig-Holstein durch die Insolvenz begleitet und seinen Hut genommen, als die Schön Klinik Gruppe als künftiger Gesellschafter der beiden Häuser in Rendsburg und Eckernförde feststand. Auch sein neuer Arbeitgeber, die St. Vincenz-Kliniken im nordrhein-westfälischen Paderborn, steckt in einem Schutzschirmverfahren. Ein Déjà-vu für den Klinikchef – und für kma Online Grund genug, Funk ein paar Fragen zu seiner Motivation und zu seinen Insolvenzerfahrungen zu stellen.
Bei den St. Vincenz-Kliniken steht Ihnen das Gleiche bevor wie bei Imland. Warum tun Sie sich das an?
Ich habe mit dem Aufsichtsrat und der Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vincenz von Paul zu Paderborn – sowohl menschlich als auch inhaltlich – sehr gute Gespräche geführt und einen Vertrag unterschrieben, bevor abschließend feststand, dass ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Dass die Gefahr besteht, war mir zu jedem Zeitpunkt bewusst und wurde in den Gesprächen auch deutlich gemacht. Ich habe mich trotzdem klar für die St. Vincenz-Kliniken entschieden, weil ich daran glaube, dass man das Unternehmen erfolgreich in eine gute Zukunft führen kann. Und dazu stehe ich auch. Meine Erfahrungen aus dem Insolvenzverfahren der Imland-Kliniken können für meine neue Aufgabe nur hilfreich sein.
Wie haben Sie im Rückblick die Zeit bei den Imland-Kliniken erlebt?
Die Zeit war eine sehr turbulente Zeit mit vielen Höhen und Tiefen. Ursächlich hierfür waren hauptsächlich die Unschlüssigkeit des kommunalen Gesellschafters in Verbindung mit Bürgerinitiativen bis hin zum Bürgerbegehren, politische Spiele und die dadurch fehlende klare Linie des Gesellschafters. All das ist in Paderborn so nicht zu erwarten. Die Gesellschafterin steht hier fest hinter ihrem Krankenhaus und hat klare Vorstellungen.
Trotz der schwierigen Umstände konnte das Imland-Insolvenzverfahren in recht kurzer Zeit erfolgreich beendet werden und die Kliniken konnten – in diesem Fall durch einen Gesellschafterwechsel – in ein sicheres Fahrwasser überführt werden. Das war nur möglich durch einen sehr klaren und immer transparenten Prozess gegenüber allen Mitarbeitenden und durch deren umfassende Einbindung. Nur so konnten die Kliniken diese herausfordernde Zeit gut überstehen. Das werden wir in Paderborn genauso machen.
Was hat die Insolvenz mit Ihnen persönlich gemacht? Was war Ihr Ausgleich?
Als Geschäftsführer denkt man immer, das passiert nur anderen – aber niemals einem selbst. Es ist schon eine enorme Herausforderung, mit all den neuen Erfahrungen, wie beispielsweise einem Down-Ranking bei Lieferanten, zurecht zu kommen. Die Haftungsrisiken als Geschäftsführer sind in dieser Phase nicht zu unterschätzen. Um an besonders intensiven Tagen den Kopf freizubekommen, freute ich mich auf einen langen Spaziergang am Abend und ein gutes Glas Wein.
Bei den St. Vincenz-Kliniken bildet Markus Funk zusammen mit Sr. Bernadette M. Putz und Jürgen Thau (Foto) das Führungs-Trio. Funk ist Sprecher der Geschäftsführung. Lesen Sie auch, wie Jürgen Thau die Sanierung in Eigenverwaltung beim gleichzeitigen Warten auf die Krankenhausreform erlebt.
Werden Sie in Paderborn etwas grundlegend anders machen?
Ich denke, insgesamt ist das Imland-Verfahren sehr gut abgelaufen. Wir konnten das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung in rund sieben Monaten mit einer einstimmigen Zustimmung der Gläubigerversammlung abschließen und eine beachtliche Quote erzielen, die nach heutigem Kenntnisstand eine Vollbefriedigung der Gläubiger zulassen wird. Dabei ist es uns gelungen, die Mitarbeitenden an Bord zu halten und zwei gut funktionierende Klinikstandorte an den neuen Gesellschafter zu übergeben. Mit diesem Ergebnis darf man zufrieden sein. Nichtsdestotrotz habe ich in dem Verfahren wirklich viel gelernt, und mir sind viele Dinge aufgefallen, die ich im Nachhinein anders oder besser hätte machen können – und das werde ich zukünftig auch tun. Ohne dabei auf Details eingehen zu wollen, ist das wichtigste Learning, den gesamten Prozess einer Insolvenz in Eigenverwaltung bereits einmal durchlaufen zu haben. Schließlich bewegt man sich immer sicherer und erfahrener, wenn man etwas bereits zum zweiten Mal macht.
Was raten Sie Kolleg*innen, die in nächster Zeit eventuell vor ähnlichen Problemen stehen könnten?
Legen Sie insbesondere große Sorgfalt auf eine qualitativ hochwertige Liquiditätsplanung und -prognose. Nur so können Sie frühzeitig erkennen, dass sich das Unternehmen in eine drohende Zahlungsunfähigkeit bewegt, und haben noch Zeit, zu agieren und im Idealfall ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung sorgfältig vorzubereiten. Darüber hinaus empfehle ich dringend, frühzeitig eine hoch qualifizierte und erfahrene insolvenzrechtliche Beratung hinzuzuziehen. Die Möglichkeiten, als Geschäftsführer in dieser Phase Fehler zu machen, die durchaus auch zu relevanter Haftung führen können, sind nahezu unendlich.
Quelle: Julia Gassmann 2023. Thieme