Spezialisierung nötig – Das ist der Fahrplan für NRWs neuen Krankenhausplan

Für die Kliniken in NRW wird es ernst. Ab dem 1. September wird der neue Krankenhausplan umgesetzt. Die Verhandlungen über die Spezialisierung der Häuser sollen im November beginnen.

Gesundheitsminister Karl-Josef-Laumann will die Krankenhausstrukturen in Nordrhein-Westfalen künftig aktiver gestalten.

Karl-Josef Laumann hat jetzt einen klaren Zeitplan. „Wenn wir da in zwei Jahren durch sind, ist es gut gelaufen“, sagte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister (CDU), als er vorstellte, wie der neue Krankenhausplan für das bevölkerungsreichste Bundesland umgesetzt werden soll.

Die tiefgreifende Reform der Krankenhauslandschaft hat bundesweit Modellcharakter, entsprechend aufmerksam wird beobachtet, wie Laumann agiert. Mit dem neuen Plan soll das Land die Krankenhausstrukturen künftig aktiver gestalten können.

Beschlossene Sache ist, dass eine einzelne Klinik künftig nicht mehr alles machen soll: Herz-Operation, Knieprothese oder Schlaganfall-Versorgung – in zwei Jahren sollen die derzeit 337 Krankenhäuser in NRW schwarz auf weiß haben, auf welche Leistungen sie sich künftig spezialisieren müssen.

Der Zeitplan

Am 1. September, so Laumann, erhalten die Krankenhäuser Informationen und Unterlagen für das Verfahren, damit sie sich vorbereiten können.

Am 17. Oktober 2022 werden die Bezirksregierungen die Krankenhäuser zu Verhandlungen mit den Krankenkassen über regionale Planungskonzepte auffordern. Ab diesem Zeitpunkt können die Krankenhäuser die dafür nötigen Unterlagen digital in einer Datenaustausch- und Analyseplattform einstellen.

Am 17. November sollen dann die Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen über eine Spezialisierung der Kliniken beginnen. Dafür haben die Beteiligten laut Gesetz ein halbes Jahr Zeit. Danach prüfen die Bezirksregierungen und abschließend das Gesundheitsministerium die regionalen Pläne. Dafür werden auch Verbände, Kommunen und Gewerkschaften angehört.

Am Ende entscheidet das Ministerium über den Versorgungsauftrag der einzelnen Krankenhäuser. Ein Feststellungsbescheid legt fest, welche Leistungen ein Krankenhaus erbringen soll und in welchem Umfang. Bis dahin hat Minister Laumann zwei Jahre veranschlagt. Die Umsetzung könnte sich dann noch „eine gewisse Zeit hinziehen“, sagte auch er. „Aber nicht bis in alle Ewigkeit.“

Der Krankenhausplan

Künftig ist nicht mehr die Bettenzahl das zentrale Planungsinstrument. Die Krankenhäuser in NRW sollen sich vielmehr auf bestimmte Leistungen spezialisieren.

Zur Ermittlung des stationären Bedarfs wird die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung, etwa bei Hüft- und Knie-Prothesen, Organtransplantationen oder Geburtshilfe herangezogen. Das Krankenhaus muss vorgegebene Qualitätskriterien in der gewünschten Leistungsgruppe erfüllen.

Ein Kernpunkt ist, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss. Intensivmedizin muss flächendeckend vorgehalten werden. NRW ist das erste Bundesland mit einem solchen Modell.

 

Es geht nicht darum, Krankenhäuser zu schließen und in der Fläche Tabula rasa zu machen, es geht darum, auch ein ortsnahes Angebot in der Region zu ermöglichen.

 

Klinikschließungen

Die oppositionelle SPD warnte vor Klinikschließungen. Die Zahl der stationär behandelten Kranken in NRW sei von 2010 bis 2019 um mehr als zehn Prozent auf mehr als 4,6 Millionen Menschen gestiegen. „Diese Menschen verdienen eine gute und wohnortnahe Versorgung“, so die Landtagsfraktion. Laumann sagte: „Es geht nicht darum, Krankenhäuser zu schließen und in der Fläche Tabula rasa zu machen, es geht darum, auch ein ortsnahes Angebot in der Region zu ermöglichen.“

Die Ziele

Laumann will mit der Reform die Qualität der Versorgung sichern und erreichen, „dass der Wahnsinn aufhört, eine Krankenhausstruktur durch Wettbewerb zu ordnen“. Es solle aber auch keine „stalinistische Planung“ geben.

Hintergrund ist, dass es in einigen Regionen in NRW eine Überversorgung und starken Konkurrenzkampf um Patienten gibt, während ländliche Regionen teils unterversorgt sind. Hinzu kommt der Personalmangel in Kliniken. Die Patienten sollten auch weiterhin „eine gewisse Wahlfreiheit“ bei den Krankenhäusern haben, sagte Laumann.

Der CDU-Politiker hat für die seit mehreren Jahren vorbereitete Reform die Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen und Ärztekammern an seiner Seite – und auch die jetzt mitregierenden Grünen. Durch den langen Prozess sei Vertrauen entstanden, sagte er.

Die Finanzierung

Die Krankenhausgesellschaft NRW fordert ausreichende Finanzmittel für die Reform. „Unsere Forderung bleibt, dafür einen mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestatteten Krankenhausstrukturfonds für die kommenden fünf Jahre bereitzustellen“, sagte Präsident Ingo Morell.

Die frühere schwarz-gelbe Landesregierung hat von 2017 bis 2022 insgesamt 5,2 Milliarden Euro Investitionsmittel für die Krankenhäuser in NRW auf den Weg gebracht. Dazu kommen mehr als eine Milliarde Euro an zusätzlichen Bundesmitteln. Im neuen Koalitionsvertrag haben die CDU und ihr neuer Grünen-Regierungspartner vereinbart, in den kommenden fünf Jahren „erhebliche finanzielle Anstrengungen“ für die Krankenhäuser zu unternehmen und auch „erhebliche Summen“ in die Umsetzung der Krankenhausplanung zu investieren.

Die Unikliniken

Auch die sechs Universitätskliniken in NRW sind laut Laumann „in vollem Umfang Bestandteil der Krankenhausplanung“. Zugleich betonte er: „Sie sind immer Maximalversorger und sollen das auch bleiben.“

Die Zahlen

In Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit 337 Krankenhäuser. Im Jahr 2011 waren es noch gut 400. Im Jahr 2020 wurden gut vier Millionen Patientinnen und Patienten stationär behandelt. Das waren infolge der Corona-Pandemie weit weniger als 2019 (4,65 Millionen). Zahlen für 2021 lagen nicht vor.

2020 arbeiteten 45 850 Beschäftigte im Ärztlichen Dienst in den Krankenhäusern, davon gut 12 000 in Teilzeit. Im gleichen Jahr waren gut 113 000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern tätig, weit überwiegend Frauen fast (94 000). Mehr als die Hälfte arbeiteten in Teilzeit.

Quelle: Dorothea Hülsmeier/dpa/MAGS/koj