Projekt „eResCopter“ – Ein neuer Senkrechtstarter für die Rettung

Sie fliegen rein elektrisch, starten senkrecht und sind für den ländlichen Raum konzipiert – neue Fluggeräte für begleitete Patiententransporte zwischen Kliniken. Sie sollen Rettungswagen und Helikopter ergänzen – und werden in Memmingen getestet.

Ein Mittelding zwischen Rettungswagen und Hubschrauber – so lässt sich wohl beschreiben, was in Bayern schon bald in die Luft gehen soll. In der Modellregion Unterallgäu-Memmingen werden voraussichtlich bereits im nächsten Jahr „fliegende Notarztwagen mit Elektroantrieb“ getestet – ein neues System, das „von Anfang an für die medizinische Anwendung entwickelt“ wurde, wie Prof. Dr. Peter Biberthaler betont.

Der ‚eResCopter‘ ermögliche „insbesondere den begleiteten Transport eines Patienten entweder von Klinik zu Klinik oder vom primären Rettungsort durch einen Notarzt“, sagt der Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar/Technische Universität München. Somit entspreche das rein elektrisch betriebene, senkrecht startende und landende Fluggerät (eVTOL) „neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Therapie Notfall-relevanter Diagnosen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Polytrauma“. 

Das System ist von Anfang an für die medizinische Anwendung entwickelt.

Prof. Dr. Peter Biberthaler ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar/Technische Universität München.

Was Biberthaler da so lobt, soll neue Möglichkeiten im medizinischen Transportwesen eröffnen und die Versorgung im ländlichen Raum verbessern. Menschen, die einen weiteren Weg zum Krankenhaus haben, könnte das System insbesondere bei zeitkritischen Diagnosen helfen – so ist der Plan des Pilotprojekts, für das die Beteiligten jetzt Absichtserklärungen unterzeichnet haben. Das neue Fluggerät, das zum energiesparenden Betrieb neben Rotoren auch über Tragflächen für den Streckenflug verfügt, ist als Ergänzung des Rettungsnetzes gedacht und zielt vor allem auf Einsatzfelder zwischen dem bestehenden Hubschrauber- und Bodentransport.

Bislang vollständig privat finanziert

Wie der neue Flieger genau aussehen wird, bleibt zunächst noch ein Geheimnis. Bislang zeigt die ERC-System GmbH nur „Artist’s Impressions“, die dem Prototyp aber „schon sehr ähneln“, wie es in Ottobrunn heißt. Anfang Juli dann will die Tochter des Luft- und Raumfahrtunternehmens IABG den Flieger ganz offiziell präsentieren.

Sie entwickelt den „eResCopter“ zusammen mit der TU München – bislang vollständig privat finanziert, wird betont. Die Technische Hochschule Rosenheim begleitet das Modellprojekt wissenschaftlich, die DRF Stiftung Luftrettung soll den operativen Flugbetrieb sowie die Testflüge in den Jahren bis zur Zulassung übernehmen. Aktuell sei die flugrechtliche Genehmigung des Fluggeräts ab 2029 zu erwarten, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Memmingen.

 

Bis dahin ist noch viel zu tun. Ein interdisziplinäres Projektteam arbeite parallel am Bau von Prototypen und an der Zulassung sowie an der Integration in die Mechanismen einer zukünftigen Krankenhaus-Landschaft. Das von vorneherein als „fliegender medizinischer Versorgungraum“ konzipierte Luftfahrtgerät sei deutlich kostengünstiger als übliche Rettungshubschrauber, heißt es weiter. Im Vergleich sollen die neu entwickelten Senkrechtstarter demnach bei der Neuanschaffung nur ein Drittel kosten. Derzeit werde mit Stückkosten von rund vier Millionen Euro gerechnet, so IABG. Darüber hinaus seien auch Wartung und Unterhaltung noch einmal deutlich günstiger als bei den Helikoptern.

Verlegung von Grundversorgern zu Schwerpunktkliniken

Zudem fliegen die „eResCopter“ durch ihren elektrischen Antrieb ohne Emissionen von Verbrennungsgasen und geräuscharm, erklärt der Vorsitzende der IABG-Geschäftsführung Prof. Dr. Rudolf Schwarz. Das System sei für den Transport zwischen zukünftigen Level-Krankenhäusern optimiert – speziell für notärztliche oder therapeutische Patientenverlegungen von Grundversorgern zur weiteren Behandlung in Schwerpunktkliniken.

Von solchen schnellen und kostengünstigen Interhospitaltransporten könne die Modellregion sehr profitieren, ist Alex Eder überzeugt: „Sie tragen zur Sicherung unserer Krankenhausstandorte bei“, sagt der Landrat des Landkreises Unterallgäu. Und auch Memmingens Oberbürgermeister Jan Rothenbacher ist überzeugt: „Das ‚System eResCopter‘ eröffnet eine vielversprechende Perspektive, um das bestehende Rettungsnetz zu ergänzen.“ Bei der Vorstellung des Mobilitätskonzepts im Memminger Rathaus hatten die beiden prominente Unterstützung von Klaus Holetschek: „Die neuen ‚fliegenden Notarztwagen mit Elektroantrieb‘ sind ein wichtiger Baustein zur Verbesserung der Notfallversorgung“, sagte Bayerns früherer Gesundheitsminister – wenn bis 2029 alles nach Plan läuft.

Quelle: Jens Kohrs/Stadt Memmingen/dpa