Die Digitalisierung macht KrankenhĂ€user effizienter und vernetzter â doch sie schafft zugleich neue AngriffsflĂ€chen fĂŒr Cyberkriminelle. Um Patienten und Betrieb zu schĂŒtzen, braucht es Strategien, die IT und Medizintechnik gleichermaĂen absichern.
Die zunehmende Vermischung von IT und OT im Krankenhaus eröffnet neue Möglichkeiten fĂŒr Effizienz und Komfort, vergröĂert aber auch die AngriffsflĂ€che
(Bild: © MIRIAM – stock.adobe.com)
Digitale Technologien prÀgen den Klinikalltag: Elektronische Patientenakten, Telemedizin, vernetzte Infusionspumpen oder GebÀudesteuerungen erhöhen Effizienz und verbessern die Versorgung. Gleichzeitig entsteht eine komplexe, eng verzahnte Infrastruktur, die neue Risiken mit sich bringt. Immer hÀufiger geraten KrankenhÀuser deshalb ins Visier von Cyberkriminellen.
WÀhrend Produktionsstopps in der Industrie vor allem wirtschaftliche Folgen haben, können AusfÀlle im Gesundheitswesen unmittelbar lebensbedrohlich sein. Ransomware, unsichere WartungszugÀnge oder manipulierte MedizingerÀte bedrohen sowohl den Betrieb als auch die Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Warum Kliniken ein attraktives Ziel sind
Gesundheitseinrichtungen verwalten hochsensible Daten und betreiben kritische Infrastrukturen â eine Kombination, die sie besonders interessant fĂŒr Angreifer macht. Ransomware-Attacken haben in den letzten Jahren mehrfach Kliniken lahmgelegt â Daten wurden verschlĂŒsselt und Lösegeldforderungen ausgelöst. Parallel nehmen gezielte Phishing-Kampagnen zu, die den hohen Arbeitsdruck im Klinikalltag ausnutzen, um Zugangsdaten abzugreifen. Hinzu kommt die Gefahr manipulierter MedizingerĂ€te oder GebĂ€udetechnik: Wird etwa eine Infusionspumpe kompromittiert oder die Klimaanlage eines OP-Saals gestört, hat dies unmittelbare Folgen fĂŒr Patienten und AblĂ€ufe.
Die Schwierigkeit: Viele GerĂ€te werden ĂŒber lange ZeitrĂ€ume betrieben und lassen sich kaum nachtrĂ€glich absichern. Systeme, die einst fĂŒr abgeschottete Umgebungen entwickelt wurden, stehen heute direkt mit IT-Netzwerken und dem Internet in Verbindung. VorfĂ€lle der vergangenen Jahre zeigen, dass bereits kurze AusfĂ€lle gravierende Folgen haben können â von verschobenen Operationen ĂŒber verzögerte Diagnosen bis hin zur GefĂ€hrdung von Menschenleben. FĂŒr Cyberkriminelle machen diese Faktoren KrankenhĂ€user zu einem lohnenden Ziel: Sie können mit Erpressungen hohe Summen fordern, wĂ€hrend sie gleichzeitig auf die besondere Verwundbarkeit der Einrichtungen setzen, die AusfĂ€lle nicht lange tolerieren können.
IT trifft OT: Die besondere Herausforderung der vernetzten Klinik
Der digitale Umbau der Krankenhauslandschaft fĂŒhrt dazu, dass die bisher getrennten Bereiche IT und OT (Operational Technology, dt. Betriebstechnologie) zunehmend zusammenwachsen. Klassische Informationssysteme wie Patientenakten, Verwaltungssoftware oder Labor-IT sind heute zunehmend mit vernetzten MedizingerĂ€ten und GebĂ€udetechnik gekoppelt â etwa mit bildgebenden Verfahren, OP-Robotern, Monitoring-Systemen oder sogar intelligenten Betten.
Zwar gibt es in KrankenhĂ€usern in der Regel getrennte Netzsegmente und eine redundante Energieversorgung, dennoch nĂ€hern sich IT und OT technisch und organisatorisch immer stĂ€rker an. Diese Vermischung eröffnet neue Möglichkeiten fĂŒr Effizienz und Komfort, vergröĂert aber auch die AngriffsflĂ€che, da IT- und OT-Komponenten sehr unterschiedliche Anforderungen und Schutzmechanismen aufweisen.
- Mangelnde Transparenz: Viele HĂ€user haben keinen vollstĂ€ndigen Ăberblick, welche GerĂ€te angeschlossen sind und wie sie miteinander kommunizieren.
- Unzureichende Kontrollen: SicherheitsmaĂnahmen greifen hĂ€ufig nur im IT-Bereich, wĂ€hrend die Besonderheiten der OT unberĂŒcksichtigt bleiben.
- Fernzugriffe als Schwachstelle: Wartungsfirmen oder externe Partner benötigen regelmĂ€Ăig Zugang zu Systemen â ein Vorgehen, das ohne strikte Absicherung leicht zum Einfallstor wird.
Gerade an diesen Schnittstellen stoĂen klassische Konzepte wie regelmĂ€Ăige Updates oder Agenten-basierte Lösungen an ihre Grenzen. Zahlreiche MedizingerĂ€te sind weder kurzfristig aktualisierbar noch mit gĂ€ngiger Sicherheitssoftware kompatibel â und entwickeln sich dadurch zu dauerhaften Risikofaktoren.
Regulatorische Treiber und Fördermöglichkeiten
Die Politik hat die Dringlichkeit erkannt. Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) wurde ein Investitionsprogramm aufgelegt, das digitale Projekte und IT-Sicherheit gleichermaĂen fördert. Auch europĂ€ische Vorgaben wie die NIS2-Richtlinie erhöhen den Druck, angemessene SchutzmaĂnahmen einzufĂŒhren. Entscheidend dabei: Sicherheit ist keine optionale Zusatzaufgabe, sondern Grundvoraussetzung fĂŒr die VerfĂŒgbarkeit medizinischer Versorgung. Förderprogramme bieten Kliniken die Chance, lĂ€ngst ĂŒberfĂ€llige Investitionen in moderne SchutzmaĂnahmen umzusetzen â von Netzwerksicherheit bis zu abgesicherten FernzugĂ€ngen.
Eckpfeiler einer modernen Sicherheitsstrategie
Um KrankenhĂ€user widerstandsfĂ€hig gegen Cyberbedrohungen zu machen, braucht es einen umfassenden Ansatz. Ein zentraler Baustein ist die konsequente Netzwerksegmentierung: Sie trennt sensible Systeme wie MedizingerĂ€te, Verwaltung oder GebĂ€udetechnik voneinander und erschwert so die Ausbreitung von Schadsoftware. ErgĂ€nzend dazu spielt das Zero-Trust-Prinzip eine entscheidende Rolle. Dabei wird grundsĂ€tzlich keinem GerĂ€t oder Nutzer vertraut â jede Verbindung wird ĂŒberprĂŒft, und Zugriffe erfolgen nur in dem Umfang, der tatsĂ€chlich erforderlich ist. Ebenso wichtig ist ein kontinuierliches Monitoring, das AktivitĂ€ten in Echtzeit ĂŒberwacht und Anomalien sofort erkennt.
Formularbeginn
Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass IT- und OT-Sicherheit gemeinsam gedacht werden mĂŒssen. PlattformansĂ€tze erleichtern es, heterogene Umgebungen zu schĂŒtzen und die Ăbersicht zu behalten.
Ein Beispiel dafĂŒr ist der Ansatz von Fortinet: GehĂ€rtete (engl. ruggedized) Firewalls und Switches erlauben eine physische Segmentierung selbst in anspruchsvollen Umgebungen. Netzwerkzugangskontrolle sorgt fĂŒr Sichtbarkeit und Kontrolle ĂŒber alle vernetzten GerĂ€te â vom BĂŒro-PC bis zum InfusionsgerĂ€t. FĂŒr Szenarien mit Cloud-Anbindungen bieten SASE-Modelle (Secure Access Service Edge) Schutz direkt an der Schnittstelle.
Wo MedizingerĂ€te nicht aktualisiert werden können, schaffen virtuelles Patching und aktuelle Bedrohungsinformationen einen zusĂ€tzlichen Sicherheitslayer. Partnerschaften mit spezialisierten Anbietern ergĂ€nzen dies um klinisches Fachwissen und spezifische IoMT-Analysen (Internet of Medical Things, IoMT). Der Mehrwert solcher Lösungen liegt nicht im Einzelprodukt, sondern in der konsistenten Umsetzung von Sicherheit ĂŒber IT und OT hinweg â skalierbar, regulatorisch abgesichert und in Echtzeit wirksam.
Sicherheit als Teil der Patientenversorgung
KrankenhĂ€user stehen vor der doppelten Herausforderung, die Digitalisierung voranzutreiben und Cyberrisiken zu beherrschen. Beides gehört untrennbar zusammen: Eine moderne Gesundheitsversorgung ist nur möglich, wenn die zugrunde liegende Infrastruktur zuverlĂ€ssig und sicher ist. Cybersecurity ist daher kein reines IT-Thema, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Patientenversorgung. Wer Risiken in IT und OT gleichermaĂen berĂŒcksichtigt und in eine ĂŒbergreifende Strategie integriert, schafft die Grundlage fĂŒr resiliente, zukunftsfĂ€hige Kliniken â und schĂŒtzt damit nicht nur Daten und Systeme, sondern vor allem Menschenleben.Â
Quelle: Thorsten Henning ist Regional Director Pre-Sales and Business Development DACH bei Fortinet.
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