Union und SPD haben sich bei Sondierungen auf ein Sondervermögen für Infrastruktur geeinigt. Es geht um viel Geld. Was das bedeutet und wie Krankenhäuser davon profitieren könnten.
Es sind gigantische Summen – und eine Überraschung: Union und SPD wollen nicht nur ein Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur schaffen, sondern für Verteidigungsausgaben auch an die Schuldenbremse ran. Das hatte die Union zuletzt noch ausgeschlossen. Für einen Beschluss im Bundestag sind aber Stimmen von Grünen oder FDP nötig.
Was genau ist der Vorschlag?
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll so angepasst werden, dass Verteidigungsausgaben ausgenommen sind, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Nach oben soll das nicht gedeckelt werden, ermöglicht also theoretisch unbegrenzte Kredite.
Um das finanziell zu stemmen, soll die Wirtschaft angekurbelt werden – und zwar über Investitionen in die Infrastruktur, also Straßen, Schiene, Brücken und anderes. Dafür sollen Kredite in Höhe von 500 Milliarden Euro aufgenommen werden, die in ein Sondervermögen fließen. Zum Vergleich: Das ist etwas mehr als das Volumen eines Bundeshaushalts und mehr als ein Zehntel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Das Geld soll schnell zur Verfügung stehen und über zehn Jahre abfließen. Damit das an der Schuldenbremse vorbeilaufen kann, soll das Sondervermögen im Grundgesetz verankert und dort von der Schuldenregel ausgenommen werden.
Außerdem sollen auch die Länder die Möglichkeit bekommen, mehr Schulden zu machen. Ihre Schuldenbremse, die bisher besonders streng ist, soll an die etwas flexiblere Bundesregelung angepasst werden.
Welche Chancen haben die Pläne im Bundestag?
Union und SPD können das nicht allein beschließen, denn für Grundgesetzänderungen wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Im alten Bundestag ginge das zusammen mit Grünen oder FDP. Die FDP hat eine Reform der Schuldenbremse bisher aber kategorisch abgelehnt. Die Sondierer dürften daher auf die Grünen setzen.
Im neuen Bundestag, der sich am 24. oder 25. März konstituiert, haben Union, SPD und Grüne keine Zwei-Drittel-Mehrheit mehr. Linke und AfD können eine Grundgesetzänderung blockieren – und sie lehnen Sondervermögen beide ab. Deshalb soll der alte Bundestag auf den letzten Metern nochmal zusammenkommen.
Warum braucht der Bund so viel Geld für die Infrastruktur?
Bei der Verkehrsinfrastruktur gibt es einen riesigen Investitionsstau. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat errechnet, dass innerhalb von zehn Jahren zusätzliche Mittel von rund 160 Milliarden Euro notwendig sind für das Schienennetz, für Autobahnen und Bundesstraßen, die Brückenerneuerung, Bundeswasserstraßen, für Häfen und den Ausbau des ÖPNV. Der BDI sieht außerdem einen Bedarf von zusätzlichen 100 Milliarden Euro für die Bildungsinfrastruktur, also für Kitas, Schulen und Hochschulen sowie von 56 Milliarden Euro für Gebäude und Wohnen.
CSU-Chef Markus Söder sprach von einem Wirtschafts- und Infrastrukturpaket „XXL“, das in der Größe einmalig sei in Deutschland. Es gehe auch um die Stärkung der Energieversorgung, um Bau, Kinderbetreuung, digitale Schulen und Krankenhäuser.
Dafür auch die Mittel aus dem Sondervermögen einzusetzen, würde Patienten eine bessere Versorgung garantieren.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach erklärte dazu: „Das Sondervermögen für Infrastruktur ist ein Durchbruch für unser Land. Auch im Krankenhaussektor wurde seit mehr als zehn Jahren an den Investitionen gespart. Die Krankenhäuser brauchen unsere Unterstützung, um den jetzt notwendigen Transformationsprozess zu bewältigen.“ Durch die Krankenhausreform könnten die Milliardenhilfen zielgerichtet eingesetzt werden. Es sollten nicht teure und ineffiziente Krankenhausstrukturen erhalten werden, sondern in eine moderne Gesundheitsversorgung investiert werden. „Dafür auch die Mittel aus dem Sondervermögen einzusetzen, würde Patienten eine bessere Versorgung garantieren und die Krankenversicherten entlasten.“
Finanzpaket soll Transformationsfonds finanzieren
Auf Seiten der gesetzlichen Krankenkassen wird nun erwartet, dass die Finanzierung des Transformationsfonds dank des Sondervermögens aus den Beitragsgeldern gestrichen wird. Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes erklärte dazu: „Der Umbau der Krankenhaus-Infrastruktur ist und bleibt eine Staatsaufgabe.“ Auch dürften die zusätzlichen Mittel nicht dazu führen, überfällige Reformen weiter aufzuschieben. Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen stieg im vergangenen Jahr auf 6,2 Milliarden Euro. „Es muss nun schnell gehandelt werden.“
Auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer, begrüßt den Beschluss. „Es ist eine gute Nachricht, dass im Sondervermögen Infrastruktur auch Investitionen in die deutschen Krankenhäuser vorgesehen sind.“ Es sei ein starkes Signal an Versicherte und Beitragszahlende. Er fordere allerdings ausdrücklich, dass die zusätzlichen Mittel direkt in den Transformationsfonds fließen. Laut Hoyer sind Investitionen in die Krankenhausstrukturen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollten aus Steuermitteln finanziert werden.
Ebenfalls begrüßt wird das Finanzpaket von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Das ist ein unbedingt notwendiger Schritt, um die Versorgung kurz- und mittelfristig zu sichern und die Existenz zahlreicher bedarfsnotwendiger Krankenhäuser nicht zu gefährden“, so DKG-Chef Dr. Gerald Gaß. Gleichzeitig fordert er zusätzliche Investitionen um sich z.B. gegen den Klimawandel zu rüsten. Investitionen in Wärmedämmung oder effiziente Heizungsanlagen beziffert Gaß für die nächsten Jahre mit rund 30 Milliarden Euro und fordert die neue Bundesregierung auf, den Investitionsstau zügig aufzulösen.
Woher kommt das Sondervermögen?
Der Staat besorgt sich frisches Geld, indem er Anleihen auf dem Kapitalmarkt ausgibt. Erstmal kommt das Geld also von Anlegern, das können zum Beispiel Pensionsfonds oder Kreditinstitute sein. Einer der größten Investoren der Welt ist etwa der norwegische Staatsfonds. Auf lange Sicht muss der Kredit dann aber getilgt werden. Bei Sondervermögen stellt der Bund dafür einen Zeitplan auf. Beim bisherigen Sondervermögen für die Bundeswehr ist die Tilgung zum Beispiel ab 2031 geplant. Das Geld dafür muss dann aus dem Bundeshaushalt kommen, also aus Steuergeldern und anderen staatlichen Einnahmen.
Quelle: dpa/BMG/GKV/AOK-BV/gnj