Wirtschaftliche Lage – Krankenhausstudie sieht „bedenkliche Gemengelage“

In der „Krankenhausstudie 2022“ von Roland Berger heißt es unter anderem, dass 96 Prozent der Klinikvorsitzenden mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den nächsten fünf Jahren rechnen. Für 2022 erwarten 70 Prozent ein Defizit.

Die prognostizierten Jahresergebnisse 2022 zeigen, dass vor allem Kliniken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft in diesem Jahr Verluste schreiben werden.

Ambulantisierung als Chance oder als Risiko?

Die „Krankenhausstudie 2022“ von Roland Berger stellt die wichtigsten Ergebnisse für dieses Jahr vor. Die wirtschaftliche Situation der deutschen Krankenhäuser hat sich in diesem Jahr und insbesondere in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt. Knapp 70 Prozent der Kliniken erwarten in diesem Jahr ein Defizit (2021: 62 Prozent), bei den Häusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sind es sogar 90 Prozent (2021: 73 Prozent). Auch die Liquiditätsentwicklung ist stark rückläufig. 62 Prozent rechnen 2022 mit einem Rückgang (2021: 49 Prozent).

„Verschiedene Faktoren addieren sich aktuell zu einer bedenklichen Gemengelage: Der Wegfall von Covid-19-Ausgleichszahlungen, der massive Personalmangel und die hohe Inflation belasten die Krankenhäuser massiv“, sagt Peter Magunia, Partner bei Roland Berger. „Dadurch, dass die Rücklagen vieler Krankenhäuser schon vor Corona sehr gering waren, stehen jetzt viele mit dem Rücken zur Wand.“

Fachkräftemangel bleibt große Sorge

Bei der aktuellen Studie nahmen die Führungskräfte der 600 größten deutschen Kliniken teil. 96 Prozent von ihnen rechnen mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den nächsten fünf Jahren (2021: 83 Prozent). Auch die Ausgleichszahlungen des Bundes, mit denen pandemiebedingte Umsatzausfälle und Kostenanstiege kompensiert werden sollten, haben kaum für Entlastung gesorgt: Bei mehr als der Hälfte der Befragten hat die finanzielle Unterstützung die zusätzlichen Ausgaben schon im vergangenen Jahr kaum gedeckt, im laufenden Jahr ist die Lücke noch größer. Außerdem haben die Führungskräfte des Krankenhauses speziell beim Thema Fachkräftemangel große Sorgen. Viele Beschäftigte, insbesondere in der Pflege, haben den Beruf gewechselt oder stehen nach zwei Jahren hoher Mehrbelastung nicht mehr im früheren Umfang zur Verfügung.

Zu den wichtigsten Themen der nächsten fünf Jahre gehören, den Angaben der Befragten zufolge, Digitalisierung, Ambulantisierung sowie der steigende Kosten- und Effizienzdruck. Besonders die wachsenden ambulanten Behandlungen von Patientinnen und Patienten bewerten die Befragten ambivalent: Knapp 60 Prozent sehen darin Chance und Risiko, nur 12 Prozent nehmen die Entwicklung aber als reines Risiko wahr. Für Dreiviertel spielt die Incentivierung der Krankenhäuser durch Erweiterung der ambulanten Abrechnungsmöglichkeiten, z.B. durch Hybrid-DRGs, dabei eine zentrale Rolle.

„Neue Abrechnungssysteme für die ambulante Leistungserbringung sind wichtig, aber kein Allheilmittel”, so Janes Grotelüschen, Partner bei Roland Berger. „Mit dem Wegfall stationärer Erlöse müssen die Krankenhäuser dringend ihre Infrastruktur anpassen und den Aufbau effizienter ambulanter Organisationen vorantreiben.”

Quelle: Roland Berger