Zentralisierung – Status Quo beim „Danish Super Hospital Programme“

Zentralisierung – Status Quo beim „Danish Super Hospital Programme“

Unter dem Namen „Danish Super Hospital Programme“ investiert Dänemark seit 2007 rund sieben Milliarden Euro in 16 neue Krankenhaus-Standorte. Martin Nyrop Holgersen vom dänischen Gesundheitsministerium erklärt, was es mit der Zentralisierung auf sich hat und wie die Dänen verstärkt vom Aufbau medizinischer Fachgebiete profitieren wollen.

Das neue Universitätshospital Odense bietet auf 247 000 Quadratmetern Platz für 855 Betten. Eine Photovoltaikanlage auf 25 000 Quadratmetern produziert 4,5 Millionen kWh pro Jahr.

Seit 15 Jahren widmet sich das „Danish Super Hospital Programme“ dem Bau zentralisierter Krankenhausstandorte in Dänemark: „Einige der 16 Projekte sind neue Bauvorhaben, andere Erweiterungen von bestehenden Kliniken“, erklärt Martin Nyrop Holgersen, Team Lead bei Data, Infrastructure and Cyber Security (DAICY) im dänischen Gesundheitsministerium. Holgersen beaufsichtigt die neuen, klinischen Bauprojekte in den fünf dänischen Regionen Nord- und Mitteljütland, Süddänemark, der Hauptstadtregion und Seeland. Er weiß: „Im dänischen Gesundheitssystem herrscht derzeit ein Bauboom und das Super-Krankenhaus-Programm ist ein Teil davon.“

Das vom dänischen Staat zu 60 Prozent finanzierte Programm ist in die nationale Strategie für das Gesundheitswesen eingebunden und zielt nicht, wie viele vermuten, auf Kosteneinsparungen und schicke Bauten, sondern auf eine grundsätzliche Umstrukturierung auf organisatorischer Ebene. Ein Expertengremium aus Gesundheitsökonomen erarbeitete das neue Konzept, das auf eine bessere Patientenversorgung bei gleichzeitig sinkenden Patientenzahlen abzielt. 2007 wurden die 13 dänischen Bezirke auf fünf Regionen reduziert: „Es war eine politische Entscheidung, eine neue Krankenhausstruktur zu schaffen und diese mit staatlichen Mitteln zu unterstützen.“

Sieben Milliarden Euro für das Upgrade dänischer Krankenhäuser

Die eingesetzten Mittel belaufen sich auf eine Fördersumme von sieben Milliarden Euro. Ein großer Teil hiervon ist bereits in Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Medizintechnik geflossen. Das erklärte Ziel der dänischen Regierung: Die neuen Standorte sollen nach ihrer Eröffnung vier bis acht Prozent effizienter sein als zuvor. Kann das gelingen? Tatsächlich hätten einige Krankenhäuser ihre spezifische Zielvorgabe schon erreicht, berichtet der Experte.

Doch wie ist der Status Quo in Dänemark? Die geplanten Projekte aus dem Super-Krankenhaus-Programm seien zu 74 Prozent technisch abgeschlossen, so der Zwischenstand im dänischen Gesundheitsministerium im September 2022. Von den 79 Krankenhausstandorten im Jahr 2007 werden bis zum Jahr 2026 nur noch 53 Standorte vorhanden sein – eine erhebliche Reduktion mit klarer Zielsetzung, denn es geht in zweiter Instanz natürlich auch um Kostenreduktion, vor allem aber um Qualität- und Effizienzsteigerungen.

Reduktion der Krankenhausstandorte um 33 Prozent

„Krankenhäuser zahlen häufig sehr viel für die Bereitstellung von Ressourcen, die am Ende gar nicht benötigt werden“, beschreibt Holgersen die Lage der Kliniken. Das habe auch Auswirkungen auf die Patientenversorgung: „Gerade ältere, multimorbide Patienten erhalten oft eine eher unbefriedigende Behandlung bei teils ganz unterschiedlichen Behandlern. Mit dem Super-Krankenhaus-Programm wollen wir deshalb zugleich auch die Kohärenz zwischen den Sektoren verbessern.“

Dazu gehört in Dänemark die Vision gemeinsamer Notaufnahmen, die in den vergangenen Jahren sukzessive umgesetzt wurde: „Das Land ist von 45 Krankenhäusern mit mehreren Notaufnahmen im Jahr 2005 auf 21 Krankenhäuser mit gemeinsamen Notaufnahmen im Jahr 2018 übergegangen“, erklärt der Ministeriumssprecher. Sogar das Rigshospitalet in der Hauptstadt Kopenhagen, das bestspezialisierte Krankenhaus Dänemarks, habe keine eigene Notfallabteilung mehr, wohl aber eine Abteilung für Traumata. Acht weitere Krankenhäuser seien außerhalb vom Super-Krankenhaus-Programmm ebenfalls am Zusammenschluss der Notaufnahmen involviert. Zusätzlich zur geografischen Konzentration werde der Zugang zu den gemeinsamen Notaufnahmen eingeschränkt, indem dänische Patienten für die klinische Behandlung nun eine Überweisung des Hausarztes benötigen. Weil ein Großteil derjenigen, die bis dato eingewiesen wurden, in den zusammengeführten Notaufnahmen jetzt eine schnellere Diagnose erhalten, nach Hause fahren und dort ambulant behandelt werden können, rechnet das Ministerium damit, dass die ambulante Versorgung um 50 Prozent ansteigen wird.

Eine nationale Planung für medizinische Fachgebiete

Umgestaltet wird schließlich auch die Fachmedizin Dänemarks: Ziel sind dabei effizientere Patientenströme. In den gemeinsamen Notaufnahmen erhalten Patienten hochspezialisierte Behandlungen für eine Vielzahl von medizinischen Fachgebieten, gebündelt an einem Ort. Das dürfte zukünftig gerade für mehrfach erkrankte Patienten, die zwischen Fachgebieten wechseln müssen, eine Erleichterung darstellen. 

Die nationale Gesundheitsbehörde entscheidet außerdem, wo welche kritischen medizinischen Fachgebiete und Funktionen angesiedelt werden dürfen. So gebe es für einige Fachbereiche in Zukunft nur noch ein bis drei klinische Standorte, diese jedoch mit höchster Fachkompetenz.

Kann Versorgungsqualität die fehlende Erreichbarkeit aufwiegen?

Den Zweifeln angesichts der gesellschaftspolitischen Debatte um die Einschrumpfung der Kliniklandschaft begegnet die dänische Politik nun zusätzlich mit dem Konzept der „Tageskliniken“: „Bei diesem Element unserer Gesundheitsreform, testen wir Krankenhäuser ohne Betten, erklärt Holgersen und fügt hinzu: „Ziel dieser rund zehn bis zwanzig ambulanten Kliniken ist es, die fehlende Nähe zum Krankenhaus nach der Zentralisierung wiederherzustellen.“ Ob die Idee gut sei, bleibe abzuwarten.

Tatsächlich gibt es abseits der veralteten Gebäudestrukturen aus den 60er und 70er Jahren handfeste Gründe, welche die Neubauten und die nationale Umstrukturierung der Kliniken als notwendig und das Super-Krankenhaus-Programm als überaus sinnvoll erscheinen lassen: „Der Personalmangel ist ein großes Problem im dänischen Gesundheitssystem. Er zeigt sich vor allem in der Recruitingkrise. Wir können die offenen Stellen in den Kliniken nicht ausreichend besetzen“, fasst das Ministerium die Problematik zusammen.

Damit verbunden sei das Problem, nicht ausreichend Ärzte mit passender Expertise an allen Standorten zu haben. „Die meisten Ärzte möchten lieber innerhalb der größeren, dänischen Städte wohnen“, berichtet Holgersen. Durch die Zentralisierung der 21 Notfallkrankenhäuser könne man eine attraktivere Arbeitsumgebung für die dänischen Ärzte schaffen.

Auch deshalb sollen die Hausärzte in den Regionen zukünftig als „gate keeper“ fungieren und die Patienten bereits in der Primärversorgung adäquat versorgen. Durch diese Verlagerung hofft man, die Kosten im Gesundheitswesen kleinzuhalten und die Patientenströme zunehmend in die Primärversorgung umzulenken. So gebe es nicht zuletzt auch weniger Abhängigkeiten von den klinischen Arbeitskräften, heißt es im Ministerium.

Demografie und regionale Versorgungslücken als Auslöser

Die Umstrukturierung ist auch der demografischen Entwicklung Dänemarks geschuldet: weniger Steuerzahler und Gesundheitsfachkräfte, dafür steigende Bevölkerungszahlen im oberen Alterssegment ab 65 Jahren. „Die Notwendigkeit war da, größere und stärkere Krankenhäuser zu schaffen, welche die kritische Masse an Patienten versorgen können“, erklärt der DAICY-Experte im Gespräch mit kma Online. Am Beispiel Brustkrebs verdeutlicht er, dass die Versorgungsqualität auch regional bislang sehr unterschiedlich war: „Wer in Kopenhagen Brustkrebs hatte, hatte per se bessere Überlebenschancen als beispielsweise jemand, der auf der Insel Bornholm lebt.“ Für den Anstieg der Überlebensraten bei Krebs in den letzten 15 Jahren spielen laut Holgersen neben der Zentralisierung der medizinischen Fachgebiete jedoch auch die seit 2007 etablierten Krebspatientenpfade eine wichtige Rolle.

Durch eine neue Arbeitsteilung in der Gesundheitsversorgung soll nun verstärkt auf die bisherigen regionalen Unterschiede reagiert werden: „Mit der Umgestaltung des dänischen Gesundheitswesens, zu der auch das Super-Krankenhaus-Programm gehört, setzen wir auf eine stärkere vorklinische Notfallversorgung, mehr Kohärenz zwischen den Sektoren und eine neue Schlüsselrolle für den Primärsektor“, fasst Holgersen die Visionen des Gesundheitsministeriums zusammen.

Die dänische Vision: der Patient im Zentrum der Behandlung

Das Super-Krankenhaus-Programmm ist somit Teil eines breiteren Konzepts, das auf der digitalen Transformation fußt, die seit 2003 durch die nationale IT-Strategie unterstützt wird und darauf abzielt, eine digitale Infrastruktur mit gemeinsamen Standards, sicheren Plattformen und Werkzeugen zur Unterstützung einer sicheren Gesundheitsversorgung in allen Sektoren aufzubauen. Holgersen zeigt auf: „Die neueste Strategie aus dem Jahr 2018 heißt Coherent and Trustworthy Health Network. Mit dieser wollen wir die Patienten gezielt unterstützen und befähigen, an ihrer eigenen Behandlung teilzunehmen“, so sein Credo.

Wie steht es nun um die einzelnen Klinikstandorte im Super-Krankenhaus-Programm? Laut Ministerium wurden zehn der 16 Projekte bereits vollständig in Betrieb genommen, drei teilweise: „Einige Projekte verzögern sich weiter, da sie mit ernsten Problemen konfrontiert sind.“

So verzögert sich beispielsweise derzeit die Finalisierung am Standort Aalborg. Andere Standorte wie Herlev und Aarhus sind bereits im Echtbetrieb. Einige Kliniken haben technische Pionierprojekte eingeführt, deren Spektrum von Robotik bei der Sterilgutversorgung bis zum KI-Einsatz reicht: Nominiert und ausgezeichnet wurde beispielsweise das RFID-Projekt am Universitätskrankenhaus Aarhus, das auf eine logistische Tracking-Installation setzt, um trotz seiner riesigen Fläche im Stadtformat noch effizient zu sein. So können Ressourcen aller Art – Betten, Ausstattung, Patienten und Klinikpersonal – schnell geortet und gefunden werden.

Aarhus: Erfolgreich mit App-basiertem Task Management

Zusätzlich verwendet Aarhus eine App-Lösung für Handheld-Geräte, die es erlaubt, Bedarfsspitzen besser zu bewältigen: „Wann immer Personal frei ist, kann es eine Aufgabe buchen und seine Zeit effizienter nutzen“, erklärt der DAICY-Experte: „Klinikmitarbeiter, die Patienten transportieren, müssen nicht mehr zum Telefon greifen und können sich ganz auf die Patienten konzentrieren – gute Voraussetzungen für eine bessere Planung, Priorisierung und insgesamt weniger Stress.“

Auch das Krankenhaus in Apenrade setzt mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (Automated Guided Vehicles, AGV) auf logistische Innovation: Kleine Roboter fahren Utensilien und Ressourcen durch das Krankenhaus und liefern zeitnah aus, was vor Ort benötigt wird. Im Rigshospitalet in Kopenhagen sind High-End-Operationssäle für die Gehirnchirurgie eingeführt worden, in denen Patienten während der OPs bei freiliegendem Gehirn gescannt werden können: „So lässt sich sicherstellen, dass die Operation erfolgreich verlaufen ist, bevor der Schädel wieder geschlossen wird.“

Digitale Patientenwege beginnen bereits im Krankenwagen

Überhaupt: Technologie leistet an den dänischen Krankenhäusern bereits ein Vielfaches mehr von dem, was in Deutschland gängige Praxis ist und unterstützt sowohl den Patientenweg als auch die Effizienz im Krankenhaus: „Wir haben in allen fünf Regionen einen digitalen Patientenweg eingeführt, der direkt am Point of Care beginnt, mitunter also bereits im Krankenwagen“, so Holgersen stolz: „Diagnose und Messungen werden unterwegs direkt digital gespeichert. Es gibt einen nahtlosen Austausch zwischen unserem Ambulanzsystem und den Krankenhäusern.“

Gab es auch Hürden auf dem Weg? Die Schließung der lokalen Krankenhäuser war Holgersen zufolge in der dänischen Bevölkerung anfänglich wenig populär: „Die Bürger empfanden es als sicherer, lokale Versorger zu haben. Deshalb haben wir die staatliche Finanzierung vom regionalen Engagement für die strukturelle Reform abhängig gemacht.“ Eine schlaue Idee der dänischen Regierung, denn so wurde in der praktischen Ausführung aus der Top-Down-Reform schließlich doch ein Bottom-Up-Ansatz: „Um Geld zu bekommen, mussten die fünf Regionen für die Krankenhäuser, die sie bauen wollten, Bewerbungen einreichen und sich dahingehend selbstverpflichten, bestehende Häuser der Region zu schließen“, berichtet Holgersen über das Framework.

Der zweite Meilenstein: Finanzen im Blick

Mit der Budgetverwaltung wartete beim Super-Krankenhaus-Programm gleich die nächste Herausforderung auf ihre Bewältigung: Wie bei allen klinischen Großprojekten bestand auch hier die Gefahr, das Budget mit der Zeit zu überschreiten. Die Lösung der Dänen: „Wir legen für jedes Projekt Budgets fest, die wir quartalsweise überprüfen. Eine wichtige Entscheidung, wie sich gezeigt hat“, zieht Holgersen Bilanz. Das Expertengremium habe sich dabei an vergleichbaren Auslandsprojekten orientiert und den durchschnittlichen Preis pro Krankenhausquadratmeter berücksichtigt, der bei knapp 5000 Euro pro Quadratmeter Krankenhaus liegt.

Verantwortlich für die Budgeteinhaltung seien dabei jeweils die Regionen. Ein Mix aus kontinuierlicher Priorisierung und Innovation mache den bisherigen Erfolg des Super-Krankenhaus-Programms aus, findet man im Ministerium: „Auch in ökonomischer Hinsicht. Die Erreichung der Effizienzziele ist Bedingung für die Projektbewilligung.“

Fester Bestandteil für die Effizienzsteierung an den dänischen Kliniken ist die anvisierte Abnahme der Bettentage, realisiert durch eine Reduzierung der Wiedereinweisungen und die Zunahme ambulanter Behandlungen: „Dadurch, dass wir jetzt schneller diagnostizieren und schon beim ersten Patientenkontakt die richtige Behandlung identifizieren, ergibt sich eine positive Kreislauf-Dynamik, die den gesamten Prozess beschleunigt“, erklärt Holgersen. In Folge würden personelle Ressourcen frei und Betten flexibel nutzbar. Einzelzimmer seien schon längst Standard in dem neuen Konzept.

Was Deutschland vom dänischen Ansatz lernen kann

Ist das dänische Konzept auch für Deutschland tragfähig? DAICY-Experte Holgersen meint: „Nur bedingt. Dänemark ist im Vergleich zu Deutschland, nicht zuletzt auf Grund seiner überschaubaren Größe, auf staatlicher Ebene ziemlich zentralisiert – sei es bei der Gesetzgebung, der nationalen Gesundheitspolitik einschließlich des wirtschaftlichen Rahmens bis hin zu den Zielen des Gesundheitswesens.“

Obgleich dem Experten zufolge ein solcher Top-Down-Ansatz hierzulande wenig umsetzbar erscheint, könnten die Bündelung der Ambulanzen und die nationale Planung medizinischer Fachgebiete in den Regionen durchaus zum Leitbild für Deutschland werden. Wie die Dänen bislang eindrucksvoll zeigen, sind bessere Krankenhäuser mit weniger Betten kein Widerspruch, wenn den Baumaßnahmen ein durchdachter Expertenkonsens zu Grunde liegt.

Auch in puncto Technologie könnte sich Deutschland vielerorts eine Scheibe abschneiden: Statt auf weiße Tafeln setzt man in den dänischen Kliniken einheitlich auf elektronische Anmeldetafeln, um die Patientenströme zu verwalten. So wissen die Kliniker sofort, welche Patienten sich wo befinden und welche Fälle besonders kritisch sind.

Außerhalb der Klinikwände ist Deutschlands Nachbar ebenfalls bestrebt das eigene Gesundheitssystem besser zu machen, vor allem in der Interaktion zwischen Krankenhäusern, Primärsektor und Gemeinden. Für die neuen Häuser gilt: Die Patienten sollen möglichst gar nicht erst eingewiesen werden oder nach der Einweisung so schnell wie möglich wieder nach Hause gehen. Wo Patienten früher wochenlang verweilten, gehen sie heute direkt nach Hause und erhalten Nachsorge durch eine häusliche Krankenschwester, welche die im Krankenhaus begonnene Behandlung nahtlos fortführt. „Das erfordert Fortschritte bei der digitalen Infrastruktur, um Informationen zwischen den Sektoren zu teilen“, stellt Holgersen klar.

Vollständig vernetzt

Und das ist den Dänen bis dato par excellence gelungen. Ob Medikation oder Laborergebnisse – das dänische Gesundheitssystem ist vollständig digitalisiert und vernetzt. Deutschland als noch verhalten digitalisierte Gesellschaft tut sich, abseits von elektronischen Gesundheitsakten, hier noch schwer, würde aber nachhaltig von einer Digitalisierung auf allen Ebenen profitieren.

Auch der dänische Zugriff auf medizinisches Fachwissen über telemedizinische Services hat Vorbildfunktion, denn er läuft in ausgewählten Bereichen wie z.B. bei diabetischen Fußgeschwüren, anders als hierzulande, zentralisiert ab. Das wiederum reduziert den Zeitaufwand für Wege und Transporte: Ärzte können sich auf Patienten konzentrieren, die eine spezielle Behandlung benötigen und Patienten sind grundsätzlich zufriedener, weil sie ihre Zeit für andere Dinge nutzen können.

„Das neue Krankenhaus ist wie ein Leuchtturm“

Da wundert es nicht, dass Martin Nyrop Holgersen von einem Paradigmenwechsel im Krankenhaussystem spricht: „Das herkömmliche Krankenhaus war einer Kathedrale gleich, der zentrale Ort für die Versorgung: Es gab universelle Lösungen für alle und man war nur in ihrem Inneren sicher.“ Die modernen dänischen Krankenhäuser seien dagegen wie Leuchttürme, betont er und plädiert: „Wir müssen die Rolle der Krankenhäuser neu denken: Leuchttürme leiten Patienten und geben ihnen auch auf Distanz ein Gefühl der Sicherheit.“ Zwar gehe der Wandel zur Verbesserung von Qualität und Effizienz zu einem gewissen Grad auf Kosten der Nähe.

Die digitale Transformation mache den Zugang zur Versorgung jedoch weitgehend unabhängig von Mobilität und der Nähe zu einem Krankenhaus: „In Dänemark kann man heute zuhause sein und trotzdem von hochspezialisierten Ärzten im eigenen Wohnzimmer gesehen werden. Die Nutzung der digitalen Infrastrukturen fördert diese Kohärenz. Dafür braucht es gemeinsame Standards und Plattformen, die alle zusammenarbeiten.“

Quelle: Anna Engberg 2022. Thieme