Am Freitag hat das NRW-Gesundheitsministerium den Krankenhäusern mitgeteilt, welche Behandlungen sie künftig voraussichtlich noch anbieten dürfen. Diese haben nun die Gelegenheit zur Stellungnahme und fürchten schmerzhafte Einschnitte.
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen hat die zweite Anhörungsphase für 60 weitere Leistungsgruppen der neuen Krankenhausplanung eingeleitet. Mitte Mai war zuvor das Anhörungsverfahren zu den Leistungsgruppen der medizinischen Grundversorgung gestartet, zu denen die Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Intensivmedizin und Geriatrie gehörten.
Nun folgte die Landesplanung für die 60 Leistungsgruppen der spezielleren Eingriffe. Diesbezüglich erhielten alle beteiligten Krankenhäuser, Krankenkassen, Kommunen und Mitglieder des Landesausschusses für Krankenhausplanung ein Schreiben, das über die Planungen des Ministeriums für diese Leistungsgruppen informiert. Das Ministerium betont, dass die Überlegungen noch nicht als endgültige Feststellungsbescheide zu verstehen sind. Es gibt nunmehr die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme vonseiten der Beteiligten. Die Frist dafür endet am 11. August.
In dieser Stellungnahme können sie ihre Auffassung zur Planung mitteilen, dem Vorschlag zustimmen oder weitere Argumente bzw. Dokumente vorlegen. Danach wird das Gesundheitsministerium alle eingegangenen Stellungnahmen zu beiden Anhörungsverfahren auswerten und darauf basierend über die Leistungsportfolios entscheiden. Bis Ende des Jahres sollen alle Krankenhäuser ihre Feststellungsbescheide erhalten, die an die fünf Bezirksregierungen gehen.
Ziel der neuen Krankenhausplanung sei es, die bestmögliche Qualität in der stationären Behandlung zu ermöglichen, sagt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Er erklärt: „Nicht jedes Krankenhaus muss alles machen und nicht jedes Krankenhaus kann alles gleich gut machen.“ Mehr Kooperation der Kliniken untereinander soll helfen, die knappen Ressourcen bestmöglich einzusetzen. „Deshalb muss es bei komplexeren Leistungsgruppen, wie beispielsweise komplizierten Krebsbehandlungen, teilweise zu deutlichen Konzentrationen kommen“, fährt er fort. Die Landesregierung werde die notwendigen Strukturveränderungen und Investitionen finanziell unterstützen.
Welche Häuser springen über die Klinge?
Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) befürchtet drastische Einschnitte für die Kliniken durch Laumanns Reform. „Da kommen jetzt Einschnitte, die richtig weh tun“, sagte KGNW-Präsident Ingo Morell der Düsseldorfer Rheinischen Post und der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Das Land werde die Zahl der Anbieter einschränken.
Morell nannte erste Beispiele: Im Regierungsbezirk Düsseldorf hätten 33 Krankenhäuser Lebereingriffe beantragt, es sollten aber nur noch neun berücksichtigt werden. Das Einsetzen von künstlichen Hüften hätten im Versorgungsgebiet Düsseldorf 20 Häuser beantragt, es sollten aber nur noch zehn machen dürfen. „Die Zahlen zeigen, dass da massive Veränderungen stattfinden“, sagte Morell der WAZ. Grundsätzlich stehe die KGNW jedoch hinter Laumanns Reform. „Die Strukturen werden wir nicht aufrechterhalten können“, sagte Morell der Rheinischen Post. Konzentration und Spezialisierung würden für bessere Qualität sorgen. Er befürchtet aber Widerstände in der Lokalpolitik.
Die Krankenhäuser in NRW sollen sich künftig auf bestimmte Leistungen konzentrieren und nicht mehr alles anbieten. Grundsatz ist aber, dass ein Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Versorgung für 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 20 Autominuten erreichbar sein muss. Intensivmedizin muss flächendeckend vorgehalten werden.
Debatte um bundesweite Krankenhausreform weiter am Kochen
Parallel zur NRW-Reform läuft die politische Debatte zwischen Bund und Ländern über die von Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) geplante bundesweite Krankenhausreform. Dabei sollen unter anderem die Pauschalbeträge (Fallpauschalen) abgesenkt werden, die die Krankenhäuser pro Patienten oder Behandlungsfall bekommen. Das soll Anreize senken, möglichst viele Patienten zu behandeln.
Lauterbach hatte in der Debatte den NRW-Ansatz kritisiert, die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung zur Ermittlung des Bedarfs heranzuziehen. Damit würde es seiner Meinung nach bei vielen überflüssigen Hüft-, Knie- oder Wirbelsäulen-Operationen bleiben, damit Kliniken überleben könnten, hatte er im März bei einem Besuch der SPD-Landtagsfraktion gesagt. Schon jetzt gebe es in vielen Bereichen „zu viele Eingriffe mit zu wenig Qualität“.
Quelle: MAGS NRW/dpa/fam