Zukunft der TrĂ€gervielfalt – Klinikreform â von Kooperation bis Fusion ist alles denkbar
Dass einzelne TrÀger durch die Krankenhausreform ganz aus der Kliniklandschaft verschwinden werden, glaubte zwar keiner auf dem Gesundheitswirtschaftskongress 2024. Jedoch steht es um defizitÀre HÀuser, die sich nicht im Verbund organisieren, schlecht.
Auf dem Gesundheitswirtschaftskongress 2024 diskutierten Vertreter der Klinikbranche und Wirtschaft, wie es um die TrÀgervielfalt bestellt ist.
Die TrĂ€gervielfalt mĂŒsse erhalten bleiben. Es sollten aber alle zu gleichen Wettbewerbsbedingungen agieren können, so der Tenor der Expertenrunde auf dem Gesundheitswirtschaftskongress (GWK) zum Thema âWenige Patienten, rares Personal und rote Zahlen: Hat die TrĂ€gervielfalt eine Zukunft?â.
Aus Sicht von Marcus Proff, Leiter des Bereich KrankenhĂ€user, Palliativ und Pflegeausbildung des Caritasverbandes fĂŒr die Diözese MĂŒnster e.V. sind die freigemeinnĂŒtzigen TrĂ€ger allerdings deutlich benachteiligt. âDer Wettbewerb ist derzeit verzerrtâ, monierte er mit Blick auf die Kliniken in kommunaler TrĂ€gerschaft. WĂ€hrend diese mit UnterstĂŒtzung in finanziellen Notlagen rechnen könnten, seien die freigemeinnĂŒtzigen HĂ€user von dieser Geldquelle abgeschnitten: âEs sind die FreigemeinnĂŒtzigen, die im Feuer stehen.â
Es sind die FreigemeinnĂŒtzigen, die im Feuer stehen.
Von den bisher 30 bis 40 Insolvenzen im Klinikbereich seien fast 60 Prozent im freigemeinnĂŒtzigen Bereich. âWenn das so weitergeht, dann sehe ich die TrĂ€gervielfalt durchaus in Gefahrâ, sagte Proff. Im Caritasverband fĂŒr die Diözese MĂŒnster sei es bereits zu Klinikinsolvenzen gekommen, beispielsweise in Paderborn. KĂŒnftig werde man noch stĂ€rker in regionale Verbundstrukturen gehen. âAber auch wir werden uns von weiteren KrankenhĂ€usern und Strukturen trennen mĂŒssenâ, kĂŒndigte Proff an. Es mĂŒsse auch ĂŒber Fusionen gesprochen werden, auch ĂŒberkonfessionell.
Vernetzung trĂ€gerĂŒbergreifend verstĂ€rken
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen sollten Klinikbetreiber ihre eigenen Möglichkeiten nutzen, ihre Strukturen den schwierigen politischen Rahmenbedingungen anzupassen, betonte Dr. Jens Schick, Vorstandsmitglied der Sana Kliniken. Sana gelinge es auch weiterhin, ordentliche Ergebnisse zu erzielen, auch wenn die Margen schrumpften. Millionen-Defizite kommunaler oder universitĂ€rer Kliniken allerdings seien als Mitbewerber auf Dauer nicht akzeptabel und auch fĂŒr den Steuerzahler nicht mehr nachvollziehbar, so Schick.
Was die Schrumpfung von Patientenzahlen seit der Corona-Pandemie betrifft, betrĂ€fe das nur zehn bis zwölf Prozent der HĂ€user unter dem Niveau von 2019. Die groĂen Kliniken seien fast wieder auf Normalniveau, teilweise auch darĂŒber. Die Fachkliniken liefen sogar ĂŒber dem Niveau von 2019. Die regionale Vernetzung spiele dabei eine zentrale Rolle. KĂŒnftig mĂŒsse diese noch konsequenter, also auch trĂ€gerĂŒbergreifend gedacht werden, sagte Schick.
Igor Levit, GeschĂ€ftsfĂŒhrer Finanzen der Knappschaft Kliniken in Recklinghausen, sprach sich ebenfalls fĂŒr mehr Kooperationen zwischen TrĂ€gern und Kliniken aus. Eine engere Zusammenarbeit kann er sich beispielsweise bei der IT oder dem Einkauf vorstellen. âWir sind bereit zu kooperieren, denn unsere Themen sind zu 90 Prozent identisch.â Allerdings hĂ€lt er die Finanzausstattung der Kliniken fĂŒr eine umfassende Krankenhausreform nicht ausreichend und fordert einen Transformationsbudget. Vor der Strukturreform mĂŒssten die höheren Kosten der KrankenhĂ€user dringend finanziert werden.
Black Box Ambulantisierung
Um die Reform wie geplant umzusetzen sei dringend mehr Geld nötig, betonte auch Proff. Weder seien die hohen Inflationsraten noch die hohen TarifabschlĂŒsse refinanziert worden, weil das Vorschaltgesetz nicht gekommen ist. So sei die Zeit, die Wirkung der Reformen in Nordrhein-Westfalen abzuwarten, fĂŒr manche Klinik nicht mehr zu ĂŒberbrĂŒcken. Erst mĂŒssten die aktuellen Defizite ausgeglichen werden, sonst sei eine echte Strukturreform nicht anzugehen.
Es gibt aber keine Fördermittel fĂŒr Transformation in den ambulanten Bereich. Null.
Levit geht davon aus, dass bis zum Greifen der Krankenhausreform viele HĂ€user aus der Kliniklandschaft verschwunden sein werden. Eine Reihe von Insolvenzen wĂŒrden wohl im nĂ€chsten MĂ€rz anstehen, wenn die ersten JahresabschlĂŒsse kommen. Viele HĂ€user wĂŒssten derzeit noch nicht, wie ihre finanzielle Lage tatsĂ€chlich ist. FĂŒr die weitere Planung der Reformen brauchten die HĂ€user dringend ein Transformationsbudget, insbesondere fĂŒr die anstehende Ambulantisierung: âEs gibt aber keine Fördermittel fĂŒr Transformation in den ambulanten Bereich. Null.â
Dass die Ambulantisierung in der Krankenhausreform weder mitgedacht noch finanziert ist, kritisiert auch Schick: Das Thema fehle komplett, dabei werde die Ambulantisierung der nĂ€chste groĂe Treiber. 40 Prozent der Krankenhausbehandlungen wĂŒrden kĂŒnftig ambulant erbracht werden. Dies mĂŒsse auch bei kĂŒnftigen Investitionen in Neubauten eingeplant werden: Wer heute noch ein 700-Betten-Haus baut, werde in fĂŒnf Jahren vielleicht nur noch 400 Betten brauchen, sagte Schick.
Die Dynamik der Ambulantisierung sei fĂŒr die TrĂ€ger kaum planbar. Auch die Einnahmesituation der Kliniken verĂ€ndere sich durch die Hybrid-DRG elementar. Auch sei nicht einzuschĂ€tzen, wie Klinikfusionen kĂŒnftig kartellrechtlich gehandhabt werden.
TrÀgervielfalt und Wettbewerb muss bleiben
Wettbewerb durch TrĂ€gervielfalt habe in den vergangenen Jahren schon viel bewirkt und mĂŒsse erhalten bleiben, betonte Dr. Axel Fischer, Partner bei der Unternehmensberatung Deloitte. Dies habe vor allem zur QualitĂ€tsverbesserung und mehr Serviceorientierung gefĂŒhrt. Auch fĂŒr das Personal sei es wichtig, zwischen verschiedenen TrĂ€gern wĂ€hlen zu können. Fischer sieht auch noch innerhalb der bestehenden Strukturen Chancen, zu restrukturieren und einzelne HĂ€user zu sanieren. DrĂ€ngende Probleme wie hohe Kosten, zu wenig Personal oder falsche Zuordnung des Personals sowie Ăber- und Unterversorgung mĂŒssten jetzt konsequent angegangen werden.
Die TrĂ€gervielfalt sei kein Relikt der Vergangenheit, sondern ist wirklich eine gute Chance auch fĂŒr die Zukunft, betonte auch Barbara Schulte, GeschĂ€ftsfĂŒhrerin bei der KRH Klinikum Region Hannover. Denn Vielfalt bedeute immer auch Innovation, AnpassungsfĂ€higkeit und auch voneinander zu profitieren, um sich gemeinsam auf eine gute Versorgung der Zukunft einzustellen.
Wir haben eine Ăberversorgung, aber niemand erklĂ€rt den Menschen, wofĂŒr die Krankenhausreform gebraucht wird.
Mehr Spielraum fĂŒr die KliniktrĂ€ger in den Regionen forderte dagegen Alexander Beblacz vom Vorstand des UniversitĂ€tsklinikums Halle: Das starre, enge regulatorische Umfeld mache bestimmte GesprĂ€che von vornherein nicht möglich. Eine gesetzliche Krankenhausreform anhand von Vorgaben fĂŒr Leistungsgruppen und QualitĂ€tskriterien sei nicht der richtige Weg. Vielmehr mĂŒssten die Gesamtbudgets in die Regionen gegeben werden, die dann selbst entscheiden, nach welchen Kriterien sie vor Ort StrukturverĂ€nderungen vornehmen.
Kritik ĂŒbte Beblacz auch an der Kommunikation der Politik: âWir haben eine Ăberversorgung, aber niemand erklĂ€rt den Menschen, wofĂŒr die Krankenhausreform gebraucht wird.â
Quelle: Inga Pabst (Freie Journalistin) 2024. Thieme.
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